Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zum Organspende-Skandal
Regensburg (ots)
Außer Kontrolle
Moderne Menschenführung sieht anders aus: Der Vorstandsvorsitzende und Ärztliche Direktor des Universitätsklinikums Regensburg, Prof. Dr. Günter Riegger, lässt momentan keine Chance ungenutzt, um seinen Mitarbeiter und Kollegen Prof. Dr. Hans J. Schlitt in aller Öffentlichkeit zu demontieren - obwohl dessen Schuld oder Mitschuld am Transplantations-Skandal nach Aussagen der Regensburger Staatsanwaltschaft noch gar nicht erwiesen ist. Dennoch sagte Riegger an Schlitts Adresse unmittelbar nach dessen Beurlaubung in der vergangenen Woche, dass "ein Klinik-Chef Kontrolle über seine Oberärzte ausüben muss". Das mag zutreffend sein. Von einem Vorgesetzten, der sein Handwerk versteht, darf bzw. muss man einen solchen Satz erwarten - allerdings hinter verschlossenen Türen und nicht vor eingeschalteten Mikrofonen. Gleiches gilt für die öffentliche Ankündigung vom Freitag, eine Anwaltskanzlei werde personalrechtliche Aspekte der Vorgänge untersuchen. Riegger vergisst - oder will vergessen machen -, dass er mit im Boot sitzt. Denn schließlich muss ein Ärztlicher Direktor auch Kontrolle über seine Klinik-Chefs ausüben. Dies umso mehr, als er von der Bundesärztekammer bereits mit Schreiben vom 7. Dezember 2006 auf die Missstände in seinem Haus hingewiesen wurde. Hätte er schon damals mit solcher Vehemenz den Aufklärer gespielt, würde man ihm heute wohl abnehmen, dass es ihm nur um Transparenz geht. So aber bleibt ein fader Beigeschmack.
von Wolfgang Ziegler, MZ
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