Mittelbayerische Zeitung: Es werde Licht Die Konferenz in Doha endet vermutlich desaströs. Doch gibt es einen Funken Hoffnung für den Klimaschutz. Leitartikel von Stefan Stark
Regensburg (ots)
Soeben hat die NASA spektakuläre Satellitenbilder veröffentlicht, auf denen die Erde bei Nacht zu sehen ist. In bislang nicht gekannter Schärfe zeigen die Aufnahmen, dass es nirgendwo auf unserem Planeten völlig dunkel ist - ein Beleg dafür, wie groß der Fußabdruck der Menschheit auf unserem Planeten inzwischen ist. Besonders beeindruckend sind die Fotos von den dicht besiedelten Ballungsräumen. Weite Teile Nordamerikas, Europas und Asiens erscheinen hell erleuchtet - wie ein Lichtkunstwerk auf einer gigantischen blauen Murmel. Sollten uns jemals Außerirdische entdecken und sich mit einem Raumschiff nähern, würden sie sich vermutlich darüber wundern, dass wir die Hälfte unseres Planeten in der Nacht illuminieren. Die Aliens würden wohl vermuten, dass die Erdbewohner über eine unerschöpfliche Energiequelle verfügen. Wie wir wissen, ist das derzeit nicht der Fall. Zwar stünde durch die Sonne theoretisch genug Energie für alle zur Verfügung, doch wir zapfen nur einen winzigen Teil davon an. Den größten Teil unseres Bedarfs für Strom, Wärme und Verkehr erzeugen wir durch fossile Energieträger und pusten damit gewaltige Mengen Treibhausgase in die Atmosphäre. Abgesehen von der Tatsache, dass die Vorräte von Erdöl, Erdgas und Kohle nicht unerschöpflich sind, heizen wir damit unseren Planeten künstlich auf - mit all den unangenehmen Folgen, die seit Jahren immer wieder von Klimaforschern beschrieben werden: Die Zunahme von zerstörerischen Wetterextremen - schwere Stürme, Überschwemmungen, lange Hitze- und Dürreperioden. Beim Klimagipfel im Wüstenstaat Katar saßen nun zwei Wochen lang Delegationen aus rund 190 Staaten in gut klimatisierten Räumen, ließen den Berg kreißen, und gebaren eine Zwergmaus. Mit großspurigen Ankündigungen ging die Konferenz in Doha an den Start - dem Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Dies hätte man nur erreichen können, indem man sich auf eine verbindliche Reduzierung des Ausstoßes von Kohlendioxid geeinigt hätte. Doch über diesen ehrgeizigen Plan haben die Delegierten nicht einmal im Ansatz ernsthaft verhandelt. Heraus kommt voraussichtlich ein Minimalkompromiss: Man wird sich weiter zu Klimagipfeln treffen und vielleicht wird man das Kyoto-Protokoll fortschreiben. Für den Klimaschutz ist nichts gewonnen. Die Konferenz in Doha ist ein Zeugnis des Scheiterns und schreibt die 1992 in Rio begonnene traurige Geschichte dieser Art von Gipfeltreffen fort. Im Zeichen von Schulden- und Eurokrise tut sich der Klimaschutz schwer. Vorbei sind die Zeiten, als Angela Merkel mit dem Schiff durch den Polarkreis schipperte und sich vor im Meer treibenden Eisbergen als Klimakanzlerin inszenierte. Dabei könnte Deutschland als Pionierland der Energiewende eine Vorbildrolle für andere Staaten einnehmen. Und zwar nicht auf Dinosaurier-Konferenzen wie jetzt in Doha. Das sind Augenwischerei- und Alibiveranstaltungen, zu denen die meisten Delegierten nur mit einem Ziel anreisen: Sich nicht zu bewegen. Wenn jetzt beklagt wird, dass sich die Europäer nicht zu ehrgeizigeren Klimazielen durchringen konnten, muss man ehrlicherweise konstatieren, dass der Einfluss der Bundesregierung begrenzt ist. Gerade in den südlichen EU-Ländern ist es der Bevölkerung derzeit schwer zu vermitteln, dass Umweltpolitik genauso wichtig ist wie der Kampf gegen die Wirtschaftskrise. Und ein Staat wie Polen mit seiner starken Kohle-Lobby wird sich vom Bundesumweltminister wohl niemals reinreden lassen. Der Einfluss Deutschlands wird jedoch anderswo sichtbar: Dort, wo Staaten gespannt den Umstieg auf grüne Energien bei uns verfolgen - und nachahmen. Der bisherige Klimaverpester China ist gerade dabei, die Bundesrepublik bei Solar- und Windkraft zu überholen. Auch Japan plant mittelfristig den Atomausstieg und eine Energiewende. Dort beginnt man zu erkennen, welche Chancen in den erneuerbaren Energien liegen - nicht nur für die Umwelt, sondern auch als Exportschlager. Wenn also andere wirtschaftliche Führungsnationen Deutschland hier nacheifern, bleibt wenigstens ein Funken Hoffnung, dass es in Sachen Klimaschutz nicht zappenduster wird. Das sollte der Bundesregierung einen zusätzlichen Ansporn geben, die Energiewende nicht weiter gegen die Wand zu fahren.
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