Mittelbayerische Zeitung: Quoten sind nicht alles Der Kita-Ausbau scheint schlecht kommuniziert worden zu sein. Erst jetzt sind einige aufgewacht. Leitartikel von Maria Gruber
Regensburg (ots)
Schenkt man den Aussagen der kommunalen Vertreter Glauben, so ist beim Thema Kitas in Ostbayern alles im grünen Bereich. Das ist schon fast überraschend angesichts der Hiobsbotschaften, die seit Monaten über die vermeintlichen Riesenlücken in der Kita-Landschaft verbreitet werden. In der Region aber wird fleißig ausgebaut; man ist zuversichtlich, für alle Kinder, die jünger als drei Jahre sind, und vor allem für die Ein- und Zweijährigen ab 1. August einen Betreuungsplatz zur Verfügung stellen zu können - wenn dies die Eltern wünschen. Aber was genau wünschen sich die Eltern? Und: Was ist, wenn sich die Wünsche so stark verändern, dass all die Planung - die manch Kommune sicherlich ein wenig zu leicht auf die Schulter genommen hat - in acht Monaten hinfällig ist? Deswegen, weil der Bedarf vielleicht gar nicht so leicht zu ermitteln ist, wie sich das der Bund vorgestellt hat? Eines ist sicher: Sollte es am 1. August 2013 zum Kita-Notstand und zu einer Klagewelle kommen - von der vor allem die Landkreise betroffen sind -, ist das nicht allein die Schuld der Kommunen. Denn beim Unternehmen "Kita-Ausbau" gibt es zu viele Unbekannte. Und dazu gehört auch der Fachkräftemangel, der alles andere als überraschend kommt - und gefährliche Konsequenzen haben kann. Ahnungslose Politiker machen krude Vorschläge, wie sich der Erziehermangel etwa mithilfe einer "Umschulung" von Langzeitarbeitslosen beheben lässt. Wer sich ein wenig umhört, hört Sätze wie: "Momentan wird jeder ausgebildet, der nicht bei drei auf dem Baum ist." In den Fachakademien für Sozialpädagogik, in denen Erzieher ihre fünfjährige Ausbildung absolvieren, scheinen die Zugangsvoraussetzungen gelockert. Während einst fachliche und persönliche Eignung für den Beruf geprüft wurden, fällt dieser Test offenbar zunehmend weg. Noch aber ist die Überzeugung, dass nur durch eine bessere Bezahlung und eine Aufwertung dieses anspruchsvollen und wertvollen sozialen Berufs der Mangel behoben werden kann, nicht angekommen. Noch wird ein Schwarzes-Peter-Spiel gespielt und die Verantwortung dem jeweils anderen zugeschustert. Zudem scheint es, als wäre das Mammutprojekt Kita-Ausbau - schon vor fünf Jahren beschlossen - schlecht kommuniziert worden. Erst jetzt, da der Rechtsanspruch bedrohlich näher rückt, sind einige aufgewacht: Die CDU-Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, die endlich begriffen hat, dass der von ihrer Vorgängerin Ursula von der Leyen initiierte Kita-Ausbau kein Selbstläufer ist und nun weitere Fördergelder freigegeben hat. Kommunen, die jahrelang dachten, dass (in ländlichen Regionen) Betreuungsplätze für unter Dreijährige nicht gebraucht werden, jetzt aber merken, dass ihre Zukunft davon abhängt. Dabei kann die Konkurrenz vonseiten einer forschrittlichen Nachbargemeinde und der vergleichende Blick auf die Quoten durchaus heilsam sein. Vor allem Gemeinden in ländlichen und strukturschwachen Regionen, die vom demografischen Wandel betroffen sind, müssen sich dessen bewusst sein, dass das Kinderbetreuungsangebot in einer Gemeinde entscheidend ist. Ein Bürgermeister, der möchte, dass sich junge Familien ansiedeln, muss die ganze Bandbreite anbieten: Betreuungsplätze, die wohnortnah und flexibel sind, sprich, an die Arbeitszeiten der Eltern angepasst. Und sie müssen qualitativ hochwertig sein - ansonsten wird das Unternehmen "Kita-Ausbau" scheitern. Um das zu verhindern, müssen alle zusammenhelfen. Und das Schwarze-Peter-Spiel ausnahmsweise einmal gut sein lassen.
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