Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur Gérard Depardieu: "Notwehr auf Französisch"
Regensburg (ots)
Der Fall Depardieu offenbart die Doppelmoral in der Steuerfrage: Öffentlich schimpfen die Franzosen über das "unpatriotische" Steuerexil. Selbst tun viele aber alles, um ihr Einkommen vor dem Fiskus zu schützen. Denn der ist nach französischem Verständnis der Feind - und Steuerhinterziehung eine Art Notwehr. Wieviel Steuerflüchtlinge Frankreich verlassen haben, ist unbekannt. Es ist aber nicht ungewöhnlich, dass sich Firmenchefs nach Belgien absetzen, Spitzenmanager nach London abwandern und betuchte Rentner in die Schweiz ziehen. 2010 - vor den neusten Steuererhöhungen - verließen 717 Vermögenssteuerpflichtige das Land. Neuere offizielle Zahlen gibt es nicht. Wahr ist auch, dass die Vermögenssteuer haushaltspolitisch keinen Sinn ergibt. Nur wenige Hundert Millionen Euro würde sie in die Kasse spülen. Dass sich der Obelix der Republik seiner Bürgerpflicht entzieht, ist moralisch verwerflich. Doch erwiesenermaßen handelt der Schauspieler völlig legal - und sehr offen. Die Regel, dass Reiche höhere Steuern zahlen müssen,ist gut. Gérard Depardieu war dazu auch jahrelang bereit. Die 75 Prozent - und ihre symbolische Brutalität - sind ihm nun aber zu viel. Er hat es nicht verdient, dass ihm nicht einmal die französische Rechte beispringt. Vermittelte schließlich Ex-Präsident Nicolas Sarkozy in seiner Zeit als Geschäftsanwalt selber französische Tennisstars an Genfer Privatbanken.
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