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Mittelbayerische Zeitung: Obama wechselt den Kurs - Die neue Syrien-Politik des US-Präsidenten soll den Sturz des Assad-Regimes von innen beschleunigen. Von Thomas Spang

Regensburg (ots)

Die USA streben unverkennbar eine aktivere Rolle in Syrien an. Der seit den Wahlen im November vorsichtig eingeleitete Kurswechsel kulminierte vergangene Woche, als Barack Obama die syrische Führung explizit warnte. Falls sich Berichte über den Einsatz von Chemiewaffen gegen die Widerstandskämpfer bestätigten, so der US-Präsident, sei dies ein "Game Changer", der zu einem Eingreifen der Amerikaner führen könnte. Die starken Worte lassen aufhorchen. Zusätzliches Gewicht erhalten sie durch Informationen über Einsatzpläne des Pentagons zur Sicherung der syrischen Giftgas-Bestände. Diese lagern zum größten Teil in Bunkern nahe der Grenze zu Jordanien. US-Spezialeinheiten bereiten sich darauf vor, im Krisenfall die Lager zu sichern. Das Thema dürfte bei den vertraulichen Gesprächen mit dem jordanischen König Abdullah ganz oben auf der Liste gestanden haben. Wie es auch kein Zufall war, dass Obama den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu bei seinem Besuch vergangene Woche davon überzeugte, sich bei der Türkei für den blutigen Sturm eines Frachters mit Hilfsgütern für den Gaza-Streifen zu entschuldigen. Ein Blick auf die Karte verrät, warum. Jordanien, Israel und die Türkei teilen eine Grenze mit Syrien und haben ein elementares Interesse daran, an einem Strick zu ziehen. Die USA arbeiteten zuletzt mit einigem Erfolg darauf hin, den Diktator in Damaskus diplomatisch einzukreisen. Ironischer Weise stellt sich allein die irakische Führung stur. US-Außenminister John Kerry schaffte es nicht, Regierungschef Nuri al-Maliki die Verpflichtung abzuringen, den Transport iranischer Waffen für Syrien durch den irakischen Luftraum zu unterbinden. Stattdessen macht der Schiit Maliki keinen Hehl aus seiner Unterstützung für den syrischen Machthaber Bashir al-Assad, den er als Bollwerk gegen den Machtanspruch der Sunniten sieht. Dass die USA in Syrien nicht bloß untätig zuschauen, wie oft fälschlicherweise kolportiert wird, ist offenkundig. Der frühere CIA-Chef David Petraeus organisierte vor seinem Rücktritt eine geheime Luftbrücke, über die arabische Staaten und die Türkei den syrischen Widerstand aufrüsten. Während das Weiße Haus sich offiziell noch immer ziert, Rüstungsgüter in das Bürgerkriegsland zu liefern, zieht der amerikanische Geheimdienst schon seit Monaten im Hintergrund die Fäden. Angesichts der Komplexität der Lage, darf diese Ambiguität nicht überraschen. Sie verschafft der Politik Manövrier-Raum, während sie gleichzeitig die nationalen Sicherheitsinteressen wahrt. Allein schon um nach einem Sturz des syrischen Diktators eine relevante Kraft zu bleiben, dürfen die Amerikaner jetzt nicht bloß am Spielfeld-Rand stehen. Zumal die USA weder Saudi-Arabien noch die Türkei oder Jordanien daran hindern können, deren sunnitischen Brüdern auf eigene Faust zu helfen. Der Sinneswandel basiert auch auf Erkenntnissen der Geheimdienste, die vor einer Dominanz Al-Kaida-naher Gruppen in Syrien warnen. Es liegt nicht im Interesse der USA, diese Waffen in die Hände von Terroristen fallen zu lassen. Diese sind schon heute die am besten bewaffneten Oppositions-Kämpfer. Die Stärkung der moderaten und säkularen Kräfte schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie schwächt Assad und hilft in der Auseinandersetzung mit Al-Kaida. Jenseits des nachgewiesenen Gebrauchs von Giftgas bleibt Obama gut beraten, Umsicht walten zu lassen. Einkreisung durch die Nachbarn und Aufrüstung der Rebellen ist kein Appeasement, sondern eine Formel, die den Sturz des Regimes von innen beschleunigt. Auch bei einer härteren Gangart macht es deshalb großen Sinn, Realpolitik den Vorzug vor idealistischem Eifer einzuräumen. Die Erfahrung in Irak sollte mindestens das gelehrt haben.

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