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Mittelbayerische Zeitung: Familien(politik) in der Ideologiefalle Kritik an bestehenden Leistungen muss möglich sein, ohne gleich in eine bestimmte Ecke gestellt zu werden. Von Maria Gruber

Regensburg (ots)

Als Unions-Fraktionschef Volker Kauder vor Monaten das Elterngeld in Frage stellte, löste er einen Sturm der Kritik aus. Diese Reaktion ist angesichts der hohen Beliebtheit dieser Leistung nachvollziehbar. In Umfragen liegt die Zustimmung zum Elterngeld stets bei etwa 70 Prozent - und das, obwohl es nur zwei Prozent der Bevölkerung in Anspruch nehmen. Denn das Elterngeld ist viel mehr als eine finanzielle Unterstützung von Familien. Mit dem Ausbau der Kita-Plätze für unter Dreijährige und dem Rechtsanspruch war es für die Union ein Prestige-Projekt auf dem Weg zu einem modernen Familienbild. Und für viele junge Frauen bedeutete dieser Paradigmenwechsel einen Befreiungsschlag, weil er ihnen Mutterschaft und Berufstätigkeit ermöglicht, ohne als Rabenmutter stigmatisiert zu werden. Bei alldem muss es - ohne sofort in eine Ecke gestellt zu werden - auch erlaubt sein, eine Leistung wie das Elterngeld infrage zu stellen, wenn Schwachstellen sichtbar werden. So ist die Klage der sechsfachen Mutter Sabine Mayerhofer legitim, wenn sich herausstellt, dass Großfamilien oder Mütter, die ihre Kinder daheim erziehen, schlechter gestellt sind. Erstens im Vergleich zur Vorgänger-Leistung, dem Erziehungsgeld, und zweitens im Vergleich zu Frauen, die vor der Geburt ihres Kindes berufstätig waren. Genauso sinnvoll ist es, die sich vielfach widersprechenden familienpolitischen Einzelmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit oder Defizite hin zu überprüfen - was die Bundesregierung mit der "Gesamtevaluation ehe- und familienpolitischer Leistungen" gerade versucht. Wie auch immer diese Analyse ausfällt: Klar ist schon jetzt: Ziel der Familienpolitik sollte die Schaffung von Rahmenbedingungen sein, die junge Paare dazu animieren, Kinder zu bekommen und es ihnen ermöglichen, ihr präferiertes Familienmodell zu leben. Kurzum: Eine Familienpolitik, die nicht in die Ideologiefalle tappt, sondern Gräben zu schließen vermag. Wie tief diese sind, zeigt sich regelmäßig - wenn Betreuungsgeld-Gegner das "Heimchen am Herd" aus der Vorurteils-Schublade holen und Kita-Kritiker von "staatlicher Einheitserziehung" sprechen. Die Realität ist aber weder nur schwarz oder weiß noch hat sie sich daran zu orientieren, wie durch maximale Aktivierung des Arbeitskräftepotenzials maximales Wachstum zu generieren ist. Wie zwanglos, unideologisch und sozial Familien ticken, zeigen die Ergebnisse der jüngsten Studie des Forsa-Instituts für die Zeitschrift "Eltern". Darin sprechen sich 42 Prozent für eine Job-Pause von drei Jahren oder mehr nach der Geburt des Kindes aus. Eine Mehrheit findet auch das Ehegattensplitting (81 Prozent) gut. 74 Prozent sagen, der Staat solle dafür sorgen, dass Familien die Möglichkeit haben, das Betreuungsmodell für ihre Kinder zu wählen, das am besten zu ihren Bedürfnissen passt. Und fast 90 Prozent sind überzeugt: Der Staat sollte mehr Wert darauf legen, benachteiligte Familien zu unterstützen. Kürzungsmöglichkeiten sieht eine Mehrheit beim Elterngeld und Kindergeld für Besserverdienende sowie durch eine Rücknahme des Betreuungsgelds. Die Politik sollte ganz genau auf die Wünsche der Eltern hören. Nicht nur, weil im Herbst Wahlen sind und die Eltern ihr Kreuzchen bei der Partei mit den besten familien- und bildungspolitischen Vorschlägen machen wird. Sondern vor allem deswegen, weil es an der Zeit ist, Familienpolitik zu betreiben, die nicht an der Realität der Menschen vorbeigeht.

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