Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur Asylpolitik: Die Residenzpflicht vorübergehend aussetzen, von Christine Strasser
Regensburg (ots)
Im vergangenen Jahr ließ man Asylbewerber von Würzburg nach Berlin marschieren. Kontrollen gab es nur vereinzelt. Wieso geht das diesmal nicht? Der Eindruck, dass protestierende Flüchtlinge, die aus dem gesamten Freistaat in die Landeshauptstadt ziehen, dort so kurz vor der Wahl kein erwünschtes Bild sind, ist nicht so einfach von der Hand zu weisen. Dafür ist der Gegensatz zwischen September 2012 und August 2013 zu groß. Das Argument für die Kontrollen: Die Polizei könne nicht dabei zusehen, wenn eine Straftat begangen werden. Die Straftaten bestehen darin, dass einige Asylbewerber gegen die Residenzpflicht verstoßen. Die Residenzpflicht ist einmalig in der EU und existiert nur in Deutschland. In allen Bundesländern außer Bayern und Sachsen ist die Residenzpflicht auf das Landesgebiet ausgedehnt, Asylsuchende dürfen sich dort also im ganzen Landesgebiet aufhalten. Die Märsche durch Bayern sind ein gewaltfreier Protest. Trotzdem wurden beide Züge zweimal von der Polizei gestoppt. Die überschaubaren Gruppen der Flüchtlinge standen einem Großaufgebot der Polizei gegenüber. Das wirkt überzogen. Der Staat darf sich nicht erpressen lassen. Den Umgang mit den Flüchtlingen sollte die Staatsregierung trotzdem überdenken. Ende Juli einigte sich das Kabinett auf einige Verbesserungen für die Asylbewerber. In der Erklärung von damals steht: "Asylbewerbern kann gestattet werden, den ihnen zugewiesenen Aufenthaltsbereich zu verlassen. Entsprechende Verlassenserlaubnisse werden großzügig und unbürokratisch erteilt." Die Residenzpflicht für den Protestzug vorübergehend aufzuheben, wäre ein starkes Zeichen der Staatsregierung, dass sie es mit den Erleichterungen für Asylbewerber ernst meint.
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