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Mittelbayerische Zeitung: Mittelbayerische Zeitung (Regensburg) zu USA/Haushaltsstreit

Regensburg (ots)

von Thomas Spang, MZ

Der Staatsinfarkt in den USA ist die "Ultima Ratio" eines politischen Systems, das nicht mehr funktioniert. Von den Verfassungsvätern auf Konsens angelegt, befindet es sich nun in Geiselhaft einer radikalen Minderheit, für die Kompromiss ein Schimpfwort ist. Die Rechtspopulisten der Tea Party haben mit dieser Haltung das Klima in Washington gründlich vergiftet. Sie verstehen bis heute nicht, dass der Kongress nicht Opposition, sondern Teil der Regierung ist. Dessen oberste Pflicht besteht darin, einen Haushalt aufzustellen und zu beschließen. Mit dem lustvoll herbeigeführten "Government Shutdown" treiben sie ihre Blockadepolitik nun auf die Spitze. Dabei geht es schon längst nicht mehr um den Abbau von Defiziten und Schulden, sondern pure Ideologie. Die Republikaner schließen die Regierung genau an dem Tag, an dem die allgemeine Krankenversicherung in den USA Wirklichkeit wird. Eine Jahrhundertreform, mit der Barack Obama in die Geschichtsbücher eingehen wird. Geradezu obsessiv versuchen die Rechtspopulisten dem ersten schwarzen Präsidenten im Weißen Haus diesen Erfolg streitig zu machen. Nachdem sie im Gesetzgebungsverfahren, vor Gericht und zuletzt bei den Wahlen gescheitert waren, setzen sie nun auf nackte Erpressung. Damit hat die Tea Party den Bogen überspannt und die Republikaner vor eine Zerreisprobe gestellt. Speaker John Boehner wird sich entscheiden müssen, ob er das Gemeinwohl auf dem Altar der rechten Hohepriester opfern will oder die Radikalen ein für allemal ausgrenzt. Politisch hat der stets gut gebräunte Country-Club-Republikaner bisher eine ziemlich blasse Figur abgegeben. Tatsächlich könnte er auf genügend moderate Republikaner zählen, die bereit wären, mit den Demokraten im Repräsentantenhaus ein sauberes Haushaltsgesetz zu beschließen. Doch Boehner fehlt das Rückgrat, den 50 bis 60 "Tea Party"-Radikalen Paroli zu bieten. Stattdessen lässt sich der drittmächtigste Mann im Staate aus Sorge um sein Amt wie ein Blatt im Herbststurm von den Rechtspopulisten vor sich hertreiben. Die Demokraten und Präsident Barack Obama können sich entspannt zurücklehnen, weil die Amerikaner nun sehr klar erkennen, wer für den Stillstand in Washington verantwortlich ist. Umfragen sehen den Schwarzen Peter eindeutig in der Hand der US-Konservativen. Sobald diese aus ihrem Rausch aufwachen, wird sie die Katerstimmung einholen. Die alles entscheidende Frage lautet, wie die Republikaner den dicken Kopf dann bekämpfen wollen. Mit einer Ausnüchterung und Rückkehr zur politischen Vernunft oder dem erneuten Griff zur Flasche. Angesichts des selbstzerstörerischen Potentials auf dem rechten Flügel muss mit allem gerechnet werden. Zumal Boehner kürzlich selber noch vorgeschlagen hatte, die notwendige Anhebung der gesetzlichen Neuverschuldungsgrenze in zwei Wochen als Hebel zu benutzen, die Gesundheitsreform zu unterminieren. Anders als ein "Government Shutdown" hätte die Zahlungsunfähigkeit der USA nicht nur politische Konsequenzen. Ein Staatsbankrott der Supermacht drohte die Finanzmärkte ins Chaos zu stürzen. Mit einem globalen Domino-Effekt, der Anleger in Aktien, Bonds und staatliche Anleihen weltweit betrifft. Ganz zu schweigen von dem Risiko einer neuen Rezession. Dafür hätten die Bürger garantiert kein Verständnis. Je länger die Repub-likaner sich von der Tea Party tyrannisieren lassen, desto höher wird der politische Preis sein, den sie zahlen müssen. Es liegt an Speaker Boehner, dafür zu sorgen, dass der Schwanz nicht mit dem Hund wackelt.

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