Alle Storys
Folgen
Keine Story von Mittelbayerische Zeitung mehr verpassen.

Mittelbayerische Zeitung

Mittelbayerische Zeitung: Mittelbayerische Zeitung (Regensburg) zur "Ukraine"

Regensburg (ots)

von Ulrich Krökel, MZ

Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch führt die EU derzeit am Nasenring durch die Manege. Über Monate hinweg hat er die Gemeinschaft glauben gemacht, er werde den Fall Timoschenko lösen. Die Ausreise der Oppositionsführerin nach Deutschland werde den Weg für ein weitreichendes Abkommen mit der EU freimachen. Es soll Ende kommender Woche auf einem Gipfel im litauischen Vilnius unterzeichnet werden. Doch Pustekuchen! Kurz vor Toresschluss zögert Janukowitsch die Lieferung immer weiter hinaus. Gut möglich, dass er nie vor hatte, seine Intimfeindin Timoschenko ziehen zu lassen. Er wollte die EU schlicht über eine Linie führen, hinter der es kein Zurück gibt. Tatsächlich wäre eine kurzfristige Absage des Vertragsschlusses in Vilnius eine mittlere Katastrophe für die Osteuropa-Politik der EU. Der Sieger hieße Wladimir Putin. Er will auf dem Gebiet der früheren UdSSR eine Eurasische Union errichten. Die Ukraine ist dabei ein Schlüsselstaat, wie sie auch den Kern der EU-Strategie der östlichen Partnerschaft bildet, die nun zu scheitern droht. Putin reibt sich feixend die Hände. Den EU-Außenministern, der Kommission und auch der deutschen Bundeskanzlerin fällt zu all dem wenig ein. Sie richten immer wieder Appelle an Kiew, stellen immer neue Ultimaten und zucken ansonsten hilflos mit den Schultern. Europas Chefdiplomaten machen eine erbärmliche Figur. Doch auch Kanzlerin Angela Merkel beließ es am Montag in einer Regierungserklärung bei Floskeln. Notwendig seien "mehr als Lippenbekenntnisse", sagte sie, kam aber selbst nicht über Lippenbekenntnisse hinaus. Man kann sich zu Recht über die Dreistigkeit des ukrainischen Präsidenten empören. Man kann sich aber auch fragen, was die EU falsch gemacht hat. Die Liste der Fehler ist lang. Sie beginnt mit der unfassbaren Ignoranz, die Brüssel und Berlin gegenüber dem zweitgrößten Flächenstaat Europas seit Jahren an den Tag legen. Putin hat kein Problem damit, Janukowitsch regelmäßig zu treffen. Merkel dagegen scheint es nicht für nötig zu erachten, den Ukrainer einmal ins Gebet zu nehmen. Der Westen betrachtet die Ukraine als Anhängsel Russlands, das man Putin aus geostrategischen Gründen entreißen möchte. Auch dies ist ein Kardinalfehler. Es sollte niemanden wundern, dass die Ukrainer, die auf den Handel mit Russland und die Energielieferungen des großen Nachbarn angewiesen sind, sich nicht mit Hurra der EU in die Arme werfen. Die Menschen zwischen Karpaten und Schwarzem Meer sind zu Recht stolz auf ihre Unabhängigkeit, die sie nach langer Fremdherrschaft erst 1991 erlangten. Falsch ist es auch, stets nur auf Janukowitsch und Timoschenko zu starren. Die Ukraine ist ein Land mit einer ungeheuer lebendigen, politisch aktiven Gesellschaft. Bestes Beispiel dafür ist der Erfolg, den die proeuropäische Partei des Boxweltmeisters Vitali Klitschko hat. Mit einem starken Engagement im Land hätte die EU längst viel mehr erreichen können als mit Ultimaten und 1000-seitigen Verträgen. Mehr noch: Ein kurzer Absatz in dem Mammutdokument hätte dem Projekt von vornherein einen entscheidenden Impuls geben können. Die EU hätte lediglich auf die Selbstverständlichkeit verweisen müssen, dass der Ukraine am Horizont der Beitritt zur Union leuchtet. Das tut er nach den Regeln der EU ohnehin, die jeden europäischen Staat als potenzielles Mitglied klassifizieren. Dazu aber waren die EU-Europäer in ihrer Überheblichkeit nicht bereit. Insbesondere Kanzlerin Merkel leistete vehement Widerstand gegen eine ausdrückliche Beitrittsperspektive für die Ukraine. Das ist kurzsichtig. Es geschieht der EU deshalb recht, dass sie nun der Lächerlichkeit preisgegeben wird.

Pressekontakt:

Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Mittelbayerische Zeitung
Weitere Storys: Mittelbayerische Zeitung
  • 18.11.2013 – 21:00

    Mittelbayerische Zeitung: Da tut sich was / Kommentar zum neuen Audi-Werk in Münchsmünster

    Regensburg (ots) - Es war einmal. Da galten die ländlichen Regionen in Bayern als rückständig, trostlos und ohne Zukunft. Der "Prognos Zukunftsatlas 2013" zeigt, dass diese These nicht mehr haltbar ist. Der Landkreis Kelheim ist eine Aufsteigerregion, liegt im Prognos-Ranking deutlich vor dem Landkreis Regensburg. Zwischen den Großstädten Regensburg und Ingolstadt ...

  • 18.11.2013 – 20:58

    Mittelbayerische Zeitung: Missverständnis / Kommentar zur Fußball-WM in Katar

    Regensburg (ots) - Dem ewigen Prügelknaben FIFA gebührt ausnahmsweise Dank. Der Fußball-Weltverband hat es doch tatsächlich geschafft, mit seinem Votum für einen Wüstenstaat die Absurdität der Vergabe sportlicher Großereignisse zu dokumentieren. Dabei wäre das Missverständnis zwischen Veranstalter und Publikum schnell aus der Welt zu schaffen. Es geht nicht ...