Mittelbayerische Zeitung: Seehofer fährt reiche Ernte ein
2013 ist für den CSU-Chef das Jahr des größten Erfolgs - ein guter Koalitionspakt wäre die Krönung. Leitartikel von Christine Schröpf
Regensburg (ots)
Gut, das 95,3-Prozent Ergebnis bei der Wahl zum Parteichef ist für Horst Seehofer ein persönlicher Rekord. Doch wie stark er im Moment wirklich ist, lässt sich weit besser daran ablesen, dass die Debatte um mögliche Kronprinzen und Kronprinzessinnen am Ende des fünften Jahres seiner Amtszeit nicht die geringste Rolle spielt. Wirtschaftsministerin Ilse Aigner und Finanzminister Markus Söder waren beim CSU-Parteitag nur Randfiguren im Wartestand. In der Partei konzentriert sich im Moment alles auf den mächtigen Mann aus Ingolstadt. Was er sagt, wird ohne großes Murren oder auch nur größere Debatten gemacht. Seehofer zieht für die CSU in Berlin und in München alle wichtigen Fäden. Er hebt und senkt den Daumen über Minister, er bestimmt den inhaltlichen Kurs. Die Rückeroberung der absoluten Mehrheit in Bayern und das gute Ergebnis im Bund haben ihn fürs Erste in seiner Partei nahezu unangreifbar gemacht. Alle vertrauen auf sein Erfolgskonzept: Probleme rasch abräumen - und alle Politik allein am Vorteil für den Freistaat zu messen. Der Preis dafür wird gerne in Kauf genommen. Des öfteren schüttelt man jenseits der weiß-blauen Grenzen über Seehofer und seine CSU den Kopf. Auch mit zeitlicher Distanz wird 2013 wohl als das erfolgreichste Jahr Seehofers in die Parteigeschichte eingehen. Eine wichtige Hürde muss er allerdings noch nehmen: Erst bei einem guten Koalitionspakt in Berlin wäre die Bilanz perfekt. Seehofer ist hier zum Liefern verdammt. Die Partei, die ihm sonst wenig entgegensetzt, erwartet das von ihm. Die Messlatte hat Seehofer selbst nach oben gelegt. Beim Parteitag wurden die Ziele noch einmal besiegelt. Nun gilt als selbstverständlich, dass er mit einer Pkw-Maut für Ausländer von den Verhandlungen zurückkehrt, mit einer besseren Mütterrente, einem klaren Ja zur Fortdauer des Betreuungsgeldes und der Aussicht auf einen gerechteren Länderfinanzausgleich. Steuererhöhungen darf es nicht geben, ebensowenig soll am Schuldenabbau gerüttelt werden. Unter diesen Umständen würde die CSU einen Mindestlohn mit Härteklauseln schlucken. Seehofer hat dafür Handlungsvollmacht. Parteiinterne Kritiker sind nach den Wahlerfolgen vom Herbst verstummt. Die Erinnerung an den "goldenen September" stimmt die Basis milde. Selbst den Querdenker und unverblümten Euro-Kritiker Peter Gauweiler hat Seehofer überzeugt. Ihm gefällt der Einsatz des CSU-Chefs für mehr Bürgerbeteiligung auf Bundesebene. Der harte Kern der Kritiker - jene 33 also, die am Samstag bei der Abstimmung über den Parteichef mit Nein votierten - macht seinem Ärger aktuell lieber nur hinter vorgehaltener Hand Luft. Es wäre wohl auch jedem schlecht bekommen, im Endspurt der Koalitionsverhandlungen in Berlin einen Mini-Aufstand anzuzetteln. Seehofer wünscht sich die große Koalition. Auffallend war, wie sehr er sich beim Parteitag mit Kritik an der SPD zurückhielt. Ein paar grundsätzliche Attacken, ein paar sanfte Spitzen. Das war's. Der CSU-Chef denkt dabei schon einen Schritt voraus: Sollte Schwarz-Rot am Mitgliederentscheid in der SPD scheitern und Neuwahlen notwendig werden, sollen allein die Genossen als Verantwortliche des Desasters dastehen und dafür von den Bürgern die Quittung erhalten. Im Erfolgsjahr 2013 denkt Seehofer schon an die Herausforderungen 2014. Die CSU will bei den Kommunalwahlen im März gut abschneiden. Kurz darauf steht im Mai die Europawahl an. Es war ein strategisch kluger Schachzug, dass Euro-Skeptiker Gauweiler am Wochenende zum Parteivize befördert wurde. Er soll der "Alternative für Deutschland" potenzielles CSU-Klientel abspenstig machen. Seehofer möchte gern ein weiteres Erfolgskapitel schreiben. Er weiß: Sein Stern würde rasch verblassen, falls 2014 für die Konservativen zum Jahr der Niederlagen wird. Der CSU-Chef kennt das kurze Gedächtnis seiner Parteifreunde. Schonzeiten für das Spitzenpersonal gibt es nicht.
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