Mittelbayerische Zeitung: Die CSU zementiert ihre Macht
Ernüchterndes Ergebnis für SPD, Grüne und Freie Wähler: auch deren Anhänger fühlen sich gut regiert.
Leitartikel von Christine Schröpf
Regensburg (ots)
Die Machtverhältnisse im Freistaat verfestigen sich: Die CSU kratzt als Ergebnis geschickter Strategien haarscharf an der 50-Prozent-Marke, die Opposition bleibt dagegen meilenweit von einem Machtwechsel entfernt. Denn in Bayern fühlen sich selbst Anhänger von SPD, Freien Wählern und Grünen von den Konservativen im Großen und Ganzen so gut regiert, dass keine Wechselstimmung aufkommt. Für die SPD besonders bitter: Sie rutscht in der Sonntagsfrage mit 19 Prozent auf ein Niveau zurück, das sie hoffte, auf Dauer überwunden zu haben. Der recht magere Ude-Bonus bei der Landtagswahl ist verpufft. Ein Hebel zum erneuten Gegensteuern ist nicht in Sicht. Umfragen sind kein Evangelium, doch sie sind eine wichtige Momentaufnahme für die bayerischen Parteien, gerade in der spannenden Zeit zwischen Wahlherbst 2013 und Wahlfrühling 2014. Die CSU bekommt dabei aktuell schwarz auf weiß attestiert, wie sehr sie mit ihrer politischen Themensetzung den Nerv trifft: Die zugespitzte "Wer betrügt, der fliegt"-Debatte, die heftigen öffentlichen Gegenwind entfachte, wird im Freistaat von 60 Prozent der Befragten ganz anders, nämlich als "sachgerecht", beurteilt. Mit Ergebnissen einer zweiten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen lässt sich die Reihe beliebig fortsetzen: 88 Prozent wollen Schuldenabbau, 85 Prozent mehr Bürgerbeteiligung, 78 Prozent schnelles Internet - alles Themen, bei denen die CSU deutliche Signale gesetzt hat, obwohl den Ankündigungen bisher nur teilweise Taten gefolgt sind. Auch mit seiner "Bayern-stets-zuerst"-Strategie, trifft CSU-Chef Horst Seehofer den gewünschten Ton. Jenseits des Weißwurstäquators gibt es dafür zwar Spott und Häme, daheim im Freistaat aber ist das "Mia san Mia"-Gefühl weit verbreitet. 81 Prozent wünschen sich ein eigenständiges Profil gegenüber dem Bund und der EU. Der Gleichklang zwischen Bürger und CSU ist nicht allein den sehr guten politischen Instinkten Seehofers geschuldet. Die Partei stützt sich bei ihrer vielbeschworenen Koalition mit den Bürgern konsequent auf die Waffen der Demoskopie. Kontinuierlich lässt die CSU ermitteln, wie Bayern tickt. Das ist Richtschnur dafür, wie zentrale Politikfelder besetzt und Konfliktherde abgeräumt werden, um der Opposition möglichst wenig Angriffsflächen zu bieten. Eine Rechnung, die bisher aufgeht. Grobes Hobeln ist bei dieser Strategie inklusive, wie die Zuwanderungsdebatte beweist. Eine riskante Gratwanderung - auch wenn die Mehrheit der Bürger diesen Stil scheinbar goutiert. Doch die CSU schürt damit Ressentiments gegenüber Ausländern und hat eine Reihe von Bürgern auch abgestoßen. Wie sehr sich die erzeugten Stimmungen in Stimmen ummünzen lassen, wird sich bei den Europawahlen zeigen. Die Oppositionsparteien dagegen konzentrieren ihre Hoffnungen auf die Kommunalwahlen - beim Kampf um die Rathäuser zählen Persönlichkeit der Kandidaten und kommunale Besonderheiten. Die CSU hat dabei trotz aller Übermacht immer wieder Dämpfer erlitten. Auf Landesebene bleibt den Oppositionsparteien aktuell nur die Hoffnung, dass den Christsozialen grobe Patzer unterlaufen. Themen mit entsprechendem Potenzial sind vorhanden: Die Pkw-Maut für Ausländer harrt weiter einer Lösung, die Energiewende stockt. Allein auf Fehler der Konkurrenz zu hoffen, ist allerdings zu wenig. SPD, Grüne und Freie Wähler müssen sich rasch aus eigener Kraft profilieren.
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