Mittelbayerische Zeitung: Von der Leyens Entscheidung für Kampfdrohnen beschert Deutschland eine wichtige Grundsatzdebatte. Leitartikel von Reinhard Zweigler
Regensburg (ots)
Ursula von der Leyen, der viele nachsagen, sie wolle die nächste Bundeskanzlerin werden, ist äußerst ehrgeizig. Als sie vor einem Dreivierteljahr von Angela Merkel zur Bundesverteidigungsministerin gemacht wurde, kam das für viele - auch für von der Leyen selbst - überraschend. Die siebenfache Mutter aus Niedersachsen ging jedoch sofort ans Werk und modelt seitdem die deutsche Armee zu einer familienfreundlichen Truppe um, mit Aufstiegschancen für Frauen, inklusive Kinderbetreuung in der Kaserne. Auch neues Mobiliar, moderne Flachbild-Fernseher und kostenfreies Internet hat die Ministerin versprochen. So mancher Militär stöhnte auf. Doch von nörgelnden Zweiflern in Uniform lässt sich die Hobby-Reiterin von der Leyen schon gar nicht beirren. Sie zieht die Zügel dann im Gegenteil fester an - und lächelt. Relativ wenig war von der Ministerin jedoch zu brisanten Beschaffungsprojekten zu hören. Die waren und sind nämlich fast ein Minenfeld, über das man sich nur sehr vorsichtig bewegen sollte. Zu unbemannten Hightech-Fliegern, Drohnen genannt, äußerte sich die sonst keineswegs wortkarge Politikerin monatelang gar nicht. Doch dieses Schweigen hat von der Leyen nun gebrochen. Sie setzt sich klar für die Beschaffung und den Einsatz von sogenannten Kampfdrohnen durch die Bundeswehr ein. Für ihre Positionierung hat sie offenbar auch die Rückendeckung der Kanzlerin. Beides kommt einigermaßen überraschend, denn aktuell steht überhaupt kein neuer Kampfeinsatz der Bundeswehr an, bei dem bewaffnete Drohnen gebraucht würden. Zugleich beschert von der Leyen mit ihrem Vorstoß dem Land eine hochemotionale und hochmoralische Grundsatzdebatte über den Sinn, die Notwendigkeit und zugleich die Gefahren, die mit den supermodernen, aber höchst umstrittenen Waffensystemen verbunden sind. Es geht im Kern um die heikle Frage, ob solche bewaffneten "Drohnen" angeschafft und eingesetzt werden sollten oder nicht. Ja, es geht gewissermaßen um das "Töten per Mausklick". Diese Entscheidung hat die deutsche Politik zu be- und verantworten. Die Erfahrungen der Bundeswehr mit dem umstrittenen Flugobjekt sind zudem zwiespältig. In Afghanistan nutzen die deutschen ISAF-Truppen die Aufklärungsdienste der israelischen Heron-Drohne. Sie hat beim Schutz der Soldaten gute Dienste geleistet. Allerdings konnten unsere Soldaten über das High-Tech-Gerät zwar sehen, wo sich Taliban-Terroristen versteckten und die Truppe unter Feuer nahmen. Doch direkt per Kampfdrohne zuschlagen, konnten die Deutschen nicht. Das können nur die US-Verbündeten, die über bewaffnete Drohnen oder die herkömmlichen Mittel der Luftwaffe verfügen. Den US-Drohnen haftet allerdings der schlimme Makel an, bei "gezielten Tötungen" auch völlig unbeteiligte Zivilisten umgebracht zu haben. Solche schlimmen "Vorfälle" jedoch sind beim Einsatz dieses Kriegsgeräts nie völlig auszuschließen. Deutschland steht erst am Anfang einer wichtigen Debatte. Dass sich von der Leyen und auch die Kanzlerin gewissermaßen "vorentschieden" haben, ändert daran nichts. Kampfdrohnen als solche sind, wie viele Waffensysteme, von vornherein weder gut noch böse. Es kommt entscheidend darauf an, wie und wozu sie eingesetzt werden, wer mit welchem Ziel den Befehl zum Einsatz dazu gibt. In Deutschland entscheidet das Parlament auch darüber, ob bewaffnete Drohnen eingesetzt werden. Nicht etwa eine Ministerin im Alleingang. Und das ist auch gut so.
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