Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu Waffenbesitz
Regensburg (ots)
von Pascal Durain, MZ
Keine Waffenerlaubnis für Rocker - egal ob vorbestraft oder nicht, solange kein Zweifel an der Gefährlichkeit besteht. Das hat das Bundesverwaltungsgericht am Mittwoch entschieden. Die Kläger aus Regensburg und Passau sind somit auch in dieser Instanz gescheitert. Ihnen bleibt damit nur noch die Verfassungsbeschwerde. Das Urteil des Leipziger Gerichts wirft aber Fragen auf. Vor allem: Warum muss erst ein Gericht entscheiden, dass Personen, die laut Staatsanwaltschaft zur Führungsriege einer Gruppierung gehören sollen, die mit Menschen- und Drogenhandel in Verbindung gebracht und vom Verfassungsschutz beobachtet werden, vielleicht keine geeigneten Kandidaten für den legalen Waffenbesitz sind? Und: Ist das deutsche Waffenrecht nach wie vor zu durchlässig? Für Bayerns Innenminister Joachim Herrmann ist die Sache klar: Nachdem er vor sechs Monaten den Hells Angels schon ein Kuttenverbot aussprach, sieht er sich bestätigt: Das Urteil sei ein wichtiger "Etappensieg im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität". Die "Entwaffnung der Rockerclubs" müsse man weiter vorantreiben. Im März 2013 beschlagnahmte die Polizei bei einer Großrazzia in Bayern bereits 86 Schusswaffen, etwa 2000 Schuss Munition, 5,5 Kilo Drogen sowie etliche verbotene Gegenstände wie Messer und Schlagringe. Und laut Verfassungsschutzbericht besteht weiter eine Bedrohung durch kriminelle Rocker: 1500 Mann rechnet man der Szene in Bayern zu, 9000 sollen es bundesweit sein. Bei der Organisierten Kriminalität stand 2013 laut Bundeskriminalamt jedes achte Verfahren im Zusammenhang mit Rockern. Die Entscheidung scheint somit überfällig - zumal die selbst ernannten Banditen Jahrzehnte lang ganz legal auf Schusswaffen und Sprengstoff zugreifen konnten; auch wenn keiner der Kläger für eine Schießerei verurteilt worden ist. Doch nun wird wieder über das deutsche Waffenrecht diskutiert - zum Glück braucht es dieses Mal dafür keine Toten in Klassenzimmern. In der öffentlichen Wahrnehmung und im europäischen Vergleich gilt das deutsche Waffenrecht als eines der restriktivsten. Das sind die Folgen aus den Bluttaten von Winnenden und Erfurt: Waffenbesitzer müssen Waffen in einem verschließbaren Schrank aufbewahren, sich unangekündigte und verdachtsunabhängige Kontrollen durch die zuständige Behörde gefallen lassen und regelmäßig ihre persönliche Eignung nachweisen. Die Bemühungen, solche Massaker zu verhindern, sind aus dem Gesetzestext herauslesbar, nur scheitern sie bisher an der Realität. Die klammen Kommunen sehen sich mit ihrem Personal einfach nicht in der Lage, tatsächlich an die Haustür von Waffenbesitzern zu klopfen und sie zu kontrollieren. Fest steht aber auch: Kein Verbot, kein Gesetz, und keine noch so üppig ausgestattete Polizei werden je verhindern können, das Personen irgendwie an Waffen gelangen werden. Schon immer waren die illegalen Knarren das Problem - deren Zahl sei mindestens doppelt so hoch, wie die der legalen Waffen, sagen Kriminaler und Jäger. Eine gute Nachricht bleibt die Entscheidung aus Leipzig dennoch - sofern der Rechtsanwalt Michael Salmansberger, der die bisher bewaffneten Rocker vertreten hat, tatsächlich Recht behält. Er sagte: Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts werde Einfluss auf andere Vereine und Gruppierungen wie die Hooliganszene haben. "Es werden jetzt sehr viele Waffenscheine zurückgenommen. Die zuständigen Behörden werden jetzt groß aufräumen."
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