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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Reinhard Zweigler zur Debatte um den Solidaritätszuschlag

Regensburg (ots)

Die Risse im Gebälk des schwarz-roten Regierungsgebäudes werden immer größer. Und dabei müssen es die Merkel, Gabriel und Co. noch zweieinhalb Jahre miteinander aushalten. Die jüngsten Vorstöße von CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble zur Abschaffung des Soli ab 2020 sowie die mickrige Erhöhung des Kindergeldes um sechs Euro - mit beidem stößt er die SPD vor den Kopf - illustrieren nur den Zwist der Koalitionäre in wichtigen Fragen. Union und SPD raufen sich offenbar immer weiter auseinander.

Der seit 1991 mit Unterbrechung erhobene Solidaritätszuschlag wurde einst unter Finanzminister Theo Waigel eingeführt, um die Kosten des Aufbaus der neuen Ländern halbwegs gerecht auf alle Bürger im wiedervereinten Vaterland zu verteilen. Er wird seitdem von den Steuerbürgern von Rostock bis Regensburg ans Finanzamt abgeführt, ob die wollen oder nicht. Und in der Tat war dieses Geld segensreich für den Aufbau einer maroden Infrastruktur, verfallender Städte und Dörfer in Neufünfland.

Freilich hat sich die Aufbau-Abgabe längst vom eigentlichen Zweck abgekoppelt. Gerade mal noch ein knappes Drittel der Soli-Einnahmen fließt wirklich noch gen Osten. Der Rest von zuletzt rund 15 Milliarden Euro pro Jahr füllt die Kassen des Bundes. Schäubles mit viel Verve verteidigte "schwarze Null" hat er auch seinem unerbittlichen Festhalten am Soli zu verdanken. Der Soli ist obendrein eine reine Bundeseinnahme. Die Länder haben da nichts zu sagen.

Länder waren einverstanden

Interessant ist nur, dass Schäuble noch vor kurzem vorgeschlagen hatte, den Soli in die Einkommenssteuer zu überführen. Damit waren die Länder sofort einverstanden, weil sie dann auch etwas von der kräftig sprudelnden Einnahmequelle abbekommen hätten. Die reichen Länder mehr, die armen weniger. Dass Schäuble nun jedoch von seinen ursprünglichen Plänen zur Überführung des Soli ablässt, hat vor allem zwei Gründe: Der erste ist, dass es Angela Merkel und Horst Seehofer gedämmert hat, dass eine höhere Einkommenssteuer just gegen das Unionsversprechen "keinerlei Steuererhöhungen" verstoßen würde. Zweitens droht dem Soli spätestens ab dem Jahr 2019, in dem der Solidarpakt mit den neuen Ländern ausläuft, Ärger von den Verfassungsrichtern aus Karlsruhe. Beides im Hinterkopf schlägt Schäuble nun allen Ernstes vor, den ungeliebten Zuschlag ab dem Jahr 2020 stufenweise bis zum Jahr 2030 abzuschaffen. Schäuble veralbert das Publikum Schon wenn es um Prognosen für die Einnahmen des Staates für das laufende Jahr geht, setzt das große Herumgeeiere ein. Und was in drei Jahren sein wird, kann ohnehin niemand verlässlich vorhersagen. Schäuble, der 2020 vermutlich nicht mehr Bundeskassenwart sein wird, verschiebt die Soli-Abschaffung also ins Ungefähre. Man könnte auch sagen, er veralbert in dieser Frage das Publikum. Ganz und gar nicht albern ist dagegen die von ihm geplante Heraufsetzung des Kindergeldes, das seit 2010 nicht verändert wurde, um sechs Euro. Auch dazu wurde der Minister der schwarzen Null eher gedrängt. Der Existenzminimumsbericht verlangt eine Anhebung des Kinderfreibetrages. Weil davon aber gut verdienende Eltern prozentual mehr profitieren, ist auch ein höheres Kindergeld geboten. Vorgeschrieben ist dies freilich nicht. Dass sich die SPD-Familienministerin Manuela Schwesig, die eigentlich eine Verbesserung für Alleinerziehende und Geringverdiener herausholen wollte, düpiert fühlen muss, nimmt Schäuble in Kauf. In der Union hat sich ohnehin allerhand Frust über die mitregierende SPD, Schwesig mit ihrer Frauenquote vor allem, aufgestaut. Ein bisschen davon lässt Schäuble nun ab.

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