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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Jochen Wittmann zu Großbritannien/Flüchtlinge

Regensburg (ots)

Die britische Regierung will ihre harte Haltung gegenüber illegalen Immigranten weiter verschärfen. Der für Immigration zuständige Staatsminister James Brokenshire drohte Arbeitgebern, die Einwanderer ohne Aufenthaltserlaubnis beschäftigen, mit der "vollen Härte des Gesetzes" und kündigte eine Serie von Razzien in Bereichen an, wo illegale Flüchtlinge oft Jobs finden: im Bausektor, bei Reinigungsfirmen, in der Gastronomie und in Pflegeheimen. Arbeitgeber, die erwischt werden, können mit Gefängnis von bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafen von 20 000 Pfund für jeden illegal Beschäftigten rechnen. Angesichts der Flüchtlingskrise in Calais befleißigen sich britische Minister in strammer Rhetorik. Schon in der letzten Woche hatte Brokenshire die kompromisslose Linie in der Flüchtlingspolitik unterstrichen, als er ankündigte, abgelehnten Asylbewerbern die Sozialhilfe zu streichen: Das signalisiere deutlich, dass Großbritannien "nicht das Land ist, wo Milch und Honig fließt". Sein Kollege Greg Clark, der zuständige Minister für kommunale Angelegenheiten, kündigte ein Gesetz an, das die Wohnungssuche für illegale Einwanderer erschweren soll. Mietern ohne Aufenthaltsgenehmigung soll demnächst fristlos gekündigt werden können, für die Zwangsräumung braucht es dann keinen richterlichen Beschluss. Vermieter dagegen müssen den Aufenthaltsstatus ihrer Mieter überprüfen. Vermieten sie dennoch an illegale Immigranten, riskieren sie hohe Geldstrafen und bis zu fünf Jahre Gefängnis. Die Botschaft ist deutlich: Man will signalisieren, dass für Flüchtlinge in Großbritannien "die Straßen nicht mit Gold gepflastert sind", wie sich die Innenministerin Theresa May ausdrückte. Es schmeckt nach einer hilflosen Taktik. Denn die Regierung ist weitgehend machtlos, die Situation in Calais zu lösen, wo tausende Flüchtlinge auf ihre Chance warten, nach Großbritannien zu gelangen. Am Wochenende wurde bekannt, dass ein Mann aus dem Sudan fast den gesamten Eurotunnel zu Fuß durchquerte, bevor er kurz vor Folkestone abgefangen wurde. Das hat zu hysterischen Kommentaren in der britischen Massenpresse geführt. Nicht zuletzt als Reaktion darauf bemüht sich die Regierung, hart und kompromisslos zu erscheinen. Man will das Land unattraktiv für Migranten machen. Und man wälzt die Verantwortung für die Flüchtlingskrise auf andere ab: Europa, zum Beispiel. Außenminister Philip Hammond ging am Wochenende mit der europäischen Flüchtlingspolitik ins Gericht. EU-Gesetze, so Hammond, würden praktisch garantieren, dass Flüchtlinge, wenn sie erst in einem EU-Land angekommen wären, nicht mehr zurückgeschickt werden können. "Jetzt haben wir keine nachhaltige Situation", sagte Hammond, "weil Europa sich nicht selbst schützen kann, seinen Lebensstandard und seine soziale Infrastruktur, wenn es Millionen von Migranten aus Afrika aufnehmen muss." Was der Außenminister nicht erwähnte: Großbritannien muss davon nur einen Bruchteil aufnehmen. Im letzten Jahr bis zum März haben im Königreich gerade einmal 25 000 Flüchtlinge einen Asylantrag gestellt - in Deutschland waren es über 170 000. Angesichts dieser Zahlen klingt die scharfe Rhetorik der Regierung nicht nur etwas hysterisch, sondern vor allem heuchlerisch. Großbritannien stemmt sich entschieden gegen Pläne der EU-Kommission, verbindliche Aufnahmequoten von Flüchtlingen für alle Mitgliedsländer einzuführen. Nach dem Brüsseler Verteilungsschlüssel sollte Großbritannien rund 60 000 Asylsuchende aufnehmen. Doch wie man an der Themse sagt: Eher würde die Hölle einfrieren, als dass sich die britische Regierung darauf einließe.

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