Mittelbayerische Zeitung: Kommentar von Daniela Weingärtner zu Europa/genveränderte Lebensmittel
Regensburg (ots)
Mit überwältigender Mehrheit haben die EU-Abgeordneten einen Vorschlag abgelehnt, der offenkundig absurd ist: Die EU-Kommission wollte die Entscheidung darüber, ob genveränderte Lebens- und Futtermittel (GVO) importiert werden dürfen, jedem Mitgliedsland selbst überlassen. In der Praxis ist eine solche Lieferblockade in einem Europa ohne Grenzkontrollen undurchführbar. Mit ihrem Verordnungsvorschlag reagiert die EU-Kommission nur auf das Versteckspiel der Mitgliedsstaaten. Quelle des Ärgers ist der zuständige Fachausschuss, in dem Beamte aller Mitgliedsstaaten sitzen. Sie müssen entscheiden, ob ein neues Genprodukt in der EU zugelassen wird. Für eine klare Entscheidung ist eine Zweidrittelmehrheit nötig, die regelmäßig nicht zustande kommt. Etwas mehr als die Hälfte aller Ausschussmitglieder sagen nein zu GVO, einige enthalten sich jedes Mal. Deshalb hat die EU-Kommission das letzte Wort. Sie aber muss rein wissenschaftlich argumentieren. Jahrelang legte sie Zulassungsanträge großer US-Unternehmen auf Eis, um nicht noch mehr Zorn der Verbraucher auf sich zu laden. Rechtlich bewegte sie sich damit in einer Grauzone. Europas Bürger wollen kein Genfood, doch Brüssel zwingt es ihnen auf - diese Schlagzeile hat die EU-Kommission satt. Deshalb hat sie den Ball nun zurückgespielt und damit die Doppelzüngigkeit der Mitgliedsstaaten entlarvt. Die verstecken sich gern hinter der EU-Kommission. Kaum ein Verbraucher weiß, dass die Kuh, von der sein Steak stammt, mit Gensoja gefüttert worden ist. Eine Kennzeichnungspflicht für GVO in der Nahrungskette gibt es nämlich nicht. Eine große Mehrheit der Verbraucher in Europa lehnt genveränderte Lebensmittel ab. Das rechtfertigt einen Bann aus politischen Gründen, der aber auch von Politikern ausgesprochen werden muss. Deshalb hat das Europaparlament recht, wenn es eine Reform der Regeln in den Fachausschüssen verlangt. Künftig sollte eine einfache Mehrheit genügen. Daran müssen auch die Mitgliedsstaaten Interesse haben.
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