Mittelbayerische Zeitung: Der Brandstifter
Die Pöbeleien von Pegida-Chef Bachmann sind gefährlich. Die Demokratie muss den Anfängen wehren. Leitartikel von Reinhard Zweigler
Regensburg (ots)
Dresdens unrühmlicher Pegida-Chef Lutz Bachmann probt die kalkulierte Provokation. Der vorbestrafte Einbrecher und Drogenhändler hat nicht nur Flüchtlinge pauschal als "Viehzeug", "Gelumpe" oder "Dreckspack" verunglimpft, wogegen seit Monaten von der Staatsanwaltschaft ermittelt wird. Bachmanns Entgleisungen sind keine einmaligen Ausrutscher, sondern haben Methode. Der Mann zeigte sich nicht nur mit Hitler-Bärtchen im sozialen Netz und führt das Wort bei den ausländerfeindlichen Pegida-Aufmärschen. Nun beleidigte der Rechtspopulist auch noch Bundesjustizminister Heiko Maas als "schlimmsten geistigen Brandstifter" seit Goebbels und Karl-Eduard von Schnitzler. Eine eklige Entgleisung. Bachmann verfährt nach dem Trick, den Ladendiebe anwenden, um nicht geschnappt zu werden. Sie rufen lauthals: Haltet den Dieb! Dass Bachmann Joseph Goebbels, den obersten Propagandisten und gerissenen Einpeitscher des Nazi-Regimes, "Wollt ihr den totalen Krieg?", einen Verbrecher, in einem Atemzug mit dem Demokraten Maas nennt, ist natürlich völlig unsinnig, hanebüchen, beleidigend. Doch diese Provokation ist von Bachmann offensichtlich bewusst gewählt worden. Er will austesten, wie weit er gehen, wie weit er dem Rechtsstaat auf der Nase herum tanzen kann. Dass Bachmann noch dazu den ehemaligen Chefpropagandisten des DDR-Fernsehens Karl-Eduard von Schnitzler mit Maas vergleicht, zeigt nur, er will an offenbar tief sitzende Ressentiments von Ostdeutschen gegen den einstigen SED-Chefkommentator anknüpfen. Allerdings gilt die Devise: es ist nicht alles ein Vergleich, was hinkt. In der Wirkung sind solche Worte, wie sie Bachmann und andere Pegida-Anführer, aber auch manche AfD-Leute, benutzen, jedoch gefährlich. Sie schüren Hass, gegen Flüchtlinge, gegen Ausländer, gegen Politiker, Polizisten, gegen Helfer und Journalisten. Bachmann gibt den leutseligen Biedermann, dabei ist er ein Brandstifter. Ein Brandstifter mit Worten. Die Saat der Pegida geht leider auf. Seit Tagen eskaliert die Gewalt gegen Flüchtlinge. Vor allem, aber nicht nur, in den ostdeutschen Ländern. Die Sätze, die Bachmann und Co. in Dresden und anderswo hasserfüllt ausrufen, werden zu nächtlichen Brandsätzen. Das Grundgesetz, das die Würde jedes Menschen garantiert, wird mit Füßen getreten. Rechtspopulisten wie Bachmann oder der Thüringer AfD-Mann Höcke wollen eine andere Republik. Wer bei Pegida und ihren Ablegern mitmarschiert, aus welchen Bewegründen auch immer, muss wissen, dass er rechtsgerichteten Rattenfängern folgt. Eine wirkliche Lösung für das derzeitige Flüchtlingsproblem haben die übrigens auch nicht. SPD-Mann Maas verzichtete nun auf eine Anzeige wegen Beleidigung. Er will Bachmann nicht noch mehr öffentliche Beachtung, nicht noch eine weitere Bühne zur Verbreitung seiner kruden Thesen bieten. Das mag im konkreten Fall des Bundesministers richtig sein. Aber wie wehrt sich ein bedrängter Bürgermeister, Landrat, Polizeibeamter, Sozialarbeiter, wie wehren sich Helfer gegen Pöbeleien? Jetzt sind der Staat und vor allem die wehrhafte Zivilgesellschaft gefordert. Wir dürfen es verblendeten Ausländerhassern nicht durchgehen lassen, dass sie Menschen pauschal verunglimpfen, bedrohen oder sogar tätlich angreifen. Man kann über die derzeitige Flüchtlingspolitik der Berliner Koalition trefflich streiten, kann Fragen stellen, Einwände äußern. So funktioniert Demokratie. Doch wer zu Hass und Gewalt aufruft, stellt sich außerhalb unserer Werteordnung. Entgleisungen von Bachmann und anderen dürfen wir uns nicht bieten lassen. Demokratie muss wehrhaft sein.
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