Mittelbayerische Zeitung: Auf der Überholspur
Donald Trumps Chancen stehen immer besser. Das liegt auch an seinen Konkurrenten. Leitartikel von Thomas Spang
Regensburg (ots)
Washingtons Gastrologen könnten nach diesem Super-Dienstag eine Menge zu tun bekommen. Falls Trump kommende Woche bei den Vorwahlen in vierzehn Bundesstaaten abräumt, müssten amerikanische Politik-Erklärer vor laufender Kamera gleich reihenweise ihre Hüte, Schuhe oder Kolumnen verspeisen. Nicht weniger als das hatten sie vergangenen Sommer versprochen, als sie vollmundig verkündeten, der blondierte Politik-Clown werde niemals gewählt. Während Abführmittel bei den Magenverrenkungen gewiss gute Dienste leisten, gibt es gegen Trump schon jetzt kein zuverlässiges Rezept mehr. Dieses hätte in einer rapiden Verkleinerung des republikanischen Bewerberfeldes nach den Vorwahlen von South Carolina bestanden. Der Princeton-Politologe Sam Wang rechnet vor, am kommenden Dienstag dürften nicht mehr als drei Kandidaten im Rennen sein, um überhaupt nur eine Chance zu haben, Trump zu stoppen. Tatsächlich aber treten fünf Republikaner in Alabama, Alaska, Arkansas, Colorado, Georgia, Massachusetts, Minnesota, North Dakota, Oklahoma, Tennessee, Texas, Vermont, Virginia und Wyoming an. Das Problem lässt sich mit dem Rennen auf einer dreispurigen Autobahn illustrieren. Auf der konservativen Tea-Party-Spur sind Ted Cruz und Ben Carson unterwegs. Wenngleich Cruz deutlich vor Carson liegt, hält der pensionierte Neurochirurg den feurigen Senator zurück. Er verweigert ihm vier bis fünf Prozent-Punkte, die Cruz in Staaten wie Texas und Arkansas unbedingt bräuchte, um sicher vor Trump über die Ziellinie zu gehen. In Nevada kostete es ihn den zweiten Platz. Noch bedenklicher ist das Gedränge in der Spur der moderateren Kandidaten, die dem Establishment der Partei genehmer wären. Senator Marco Rubio versucht sich nach dem Ausscheiden Jeb Bushs von John Kasich abzusetzen. Doch der Gouverneur bleibt in seinen Windschatten und hofft, später in Michigan und Ohio an ihm vorbeizuziehen. Am Super-Dienstag wird Kasich genug Stimmen bekommen, um den "republikanischen Obama" auszubremsen. Trump dagegen hat die Wutbürger-Spur ganz für sich alleine. Sein Erfolg wird angetrieben von dem Ärger der Wähler auf Washington und "die da oben". Obwohl er die höchsten Negativ-Werte von allen Präsidentschaft-Bewerbern hat, holt er genügend Stimmen, locker an allen anderen vorbei zu ziehen. In Nevada lag er am Dienstag mit mehr als 22 Punkten vor Rubio und Cruz. Damit ist er bestens positioniert, bei den Vorwahlen am Dienstag den Löwenanteil der 595 Delegierten zu gewinnen. Bis zum 14. März müsste sich das Feld nach der Kalkulation Wangs auf zwei verkleinert haben. Nur ein konkurrenzloser Anti-Trump habe dann noch eine Chance dem Rechtspopulisten die 1 237 Delegierten zu verweigern, die dieser für eine Nominierung auf dem Wahlparteitag der Republikaner in Cleveland benötigte. Weder Rubio noch Cruz und schon gar nicht Kasich haben nach Stand der Dinge irgendeine Motivation, das Handtuch zu werfen. Da sich die Regeln der Delegierten-Verteilung ab Mitte März verändern, kann Trump mit einem Drittel der Stimmen leicht eine Mehrheit bekommen. Die hohe Wahrscheinlichkeit der Nominierung eines populistischen National-Chauvinisten als Kandidat der Partei Abraham Lincolns ist noch nicht überall ins Bewusstsein eingedrungen. Das Versagen, die Gefahr klar zu sehen und zu beschreiben, ist ein weiterer Grund für Trumps Aufstieg. Nach den Erfahrungen der letzten Monate sollte sich niemand in Sicherheit wägen, dass der Rechtspopulist es im November nicht ins Weiße Haus schafft. Die Hüte, die dann verspeist werden müssen, könnten im Halse stecken bleiben.
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