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Mittelbayerische Zeitung: Zulagen schaffen keine Wohnungen
Regensburg zahlt seinen Angestellten eine Arbeitsmarktzulage, München verdoppelt ihre sogar. Die Lösung ist das nicht. Von Katia Meyer-Tien

Regensburg (ots)

Tausende Angestellte dürften sich freuen, wenn die Stadt München in der Morgendämmerung des Kommunalwahlkampfes nun wieder die Gießkanne hervorholt und nach kostenlosen Mittagessen für Senioren in den Alten- und Servicezentren der Stadt, freiem Schwimmbadeintritt für Kinder und Jugendliche und der Gebührenbefreiung für die Kinderbetreuung nun noch die sogenannte Münchenzulage für die städtischen Angestellten verdoppeln will: Angestellte im Dienst der Stadt sollen dann monatlich 270 statt bislang 133,87 Euro extra bekommen, um sich das Leben in der teuren Metropole leisten zu können. Obendrauf gibt es noch ein Ticket für den öffentlichen Nahverkehr. Die Stadt sieht sich dazu gezwungen, denn sie konkurriert auf dem Arbeitsmarkt mit anderen Kommunen, kirchenlichen Einrichtungen, aber auch Privatunternehmen, die häufig bessere Konditionen bieten können. Rund 70 offene Stellen sind momentan allein auf der Homepage der Stadt München ausgeschrieben, insbesondere Erzieher, Ingenieure und IT-Spezialisten sind gefragt, viele städtische Einrichtungen leiden unter Personalmangel. Und Fachkräfte mit Sonderkonditionen zu locken und so an einen Arbeitgeber zu binden, hat Tradition, ob mit Werkswohnungen für Zechenarbeiter im Ruhrgebiet oder mit Eisenbahnerwohnungen. Von Allianz bis Volkswagen bieten die meisten der großen deutschen Unternehmen ihren Mitarbeitern auch heute noch Vergünstigungen an - sei es die Kinderbetreuung im Haus, das Kantinenessen, das Fitnessprogramm oder das Job-Ticket für den Nahverkehr. Auch die Stadt Regensburg bietet ihren Angestellten eine Arbeitsmarktzulage, für angehende Erzieher sollen vergünstigte Wohnungen entstehen, für alle Beschäftigten der Stadt gibt es einen Zuschuss zum Job-Ticket. Die Verdopplung der Münchenzulage scheint da angesichts der hohen Mietpreise in der Hauptstadt nur konsequent. Doch anders als der Bau von Werkswohnungen oder von vergünstigten Wohnungen für Auszubildende schafft sie keinen neuen Wohnraum. Und: Die Stadt konkurriert nicht nur mit Privatunternehmen um Fachkräfte, sondern auch mit den Kommunen im Umland. Dass das kostenfrei angebotene Nahverkehrsticket für Angestellte in "Mangelberufen" nicht nur im Münchner Stadtgebiet, sondern im gesamten MVV-Gebiet gelten soll, zeigt deutlich, dass die Verantwortlichen auch Fachkräfte anziehen wollen, die im erweiterten Einzugsgebiet der Stadt wohnen. Die Umlandkommunen belastet das doppelt: Sie müssen die Infrastruktur für all jene Menschen bereitstellen, sie sich ein Leben in München nicht leisten können oder wollen, aber bei der Stadt arbeiten. Oder bei den Firmen, die in München Gewerbesteuer zahlen und der Hauptstadt damit jene Milliardeneinnahmen bescheren, die die Münchenzulage überhaupt möglich machen. Zusätzlich macht die Stadt München den Umlandgemeinden durch die Münchenzulage aber genau jene Fachkräfte streitig, die sie zur Aufrechterhaltung dieser Infrastruktur brauchen. In der Konsequenz werden sich nicht wenige Umlandgemeinden - und Privatunternehmen ebenso - gezwungen sehen, ihrerseits ähnliche Zulagen anzubieten bzw. die schon vorhandenen zu erhöhen. Die dabei entstehende Aufwärtsspirale der Zulagen mag die Angestellten freuen, die ursprüngliche angestrebte Wirkung aber, die Stadt als Arbeitgeber konkurrenzfähiger zu machen, verpufft. Stattdessen hat die Erhöhung sogar das Potenzial, die Lebenshaltung noch teurer zu machen - nämlich dann, wenn andere Unternehmen tatsächlich nachziehen und mit finanziellen Anreizen noch mehr Menschen in eine Stadt locken, die schon jetzt nicht ausreichend bezahlbaren Wohnraum bietet und deren öffentliches Nahverkehrssystem schon jetzt überlastet ist. Die Münchenzulage ist und bleibt damit nichts weiter als eine Placebo-Lösung für ein Problem, dessen Ursache weiterhin ungelöst bleibt - und das nicht nur in München.

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