Mittelbayerische Zeitung: Bayern investiert sehr klug Teure Wahlversprechen und kostspielige Zukunftsinvestitionen pumpen den bayerischen Nachtragshaushalt auf Rekordniveau. Von Christine Schröpf
Regensburg (ots)
Die einzig entscheidende Messlatte für einen guten Haushalt ist, ob das Geld der Steuerzahler sinnvoll verwendet wird. Die Bayern-Koalition hat diesbezüglich nichts groß zu befürchten, auch wenn der Oberste Rechnungshof dem Ziel des schuldenfreien Bayerns bis 2030 nachtrauert und die Opposition sich an der einen Stelle gern etwas mehr Ideen, an der anderen Stelle etwas weniger Freigiebigkeit gewünscht hätte. Was zählt ist, dass das Geld - abgesehen von ein paar Zweifelsfällen wie dem regen Briefverkehr in Richtung Bürger aus der Staatskanzlei - grundsätzlich in eine vernünftige Richtung fließt. Das ist zweifellos der Fall. Und all das andere ist nun wirklich auch kein echtes Problem. Es ist gut, dass bis zum Ende der Legislatur zwei Milliarden Euro für die neue Hightech-Offensive auf den Tisch gepackt werden. Die wirtschaftliche Entwicklung Bayerns hängt davon ab. Auch im sozialen Bereich - Stichwort: Krippengeld, Zuschuss zu Kita-Gebühren, Pflegegeld oder Familiengeld - ist jeder Euro richtig investiert. Die Kombination aus Zukunftsinvestitionen und kräftigen sozialen Akzenten stärkt das Land. Es ist amüsanterweise eine Kombi, für die auf Bundesebene gerade das neue SPD-Duo Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken kämpft, wenn auch weit radikaler, mit Bereitschaft zu hohen neuen Schulden und dem Verweis auf einen Investitionsstau von rund 500 Milliarden Euro. Das alles natürlich unter Widerstand der CSU, was kein kompletter Widerspruch ist. Der bayerische Weg zeichnet sich durch weit größeres Augenmaß beim Finanzvolumen aus. Der Freistaat hat auch den Vorteil, dass er sich dank sprudelnder Steuereinnahmen vieles Wünschenswerte problemlos leisten kann. Noch jedenfalls. Denn auch unter weiß-blauem Himmel werden die finanziellen Spielräume künftig wohl deutlich enger. Finanzminister Albert Füracker hat das einkalkuliert. Es ist der Grund, warum die Schuldentilgung auch schon 2019 auf ein Minimum zurückgefahren wird. Im Doppelhaushalt 2019/2020 summiert sich damit das vorsorgliche Finanzpolster auf 900 Millionen Euro. Das Geld für die Hightech-Offensive wird also bis zum Ende der Legislatur nicht knapp werden. Fraglich bleibt eher, ob auf viele Jahre hinaus die neu eingeführten Sozialleistungen bezahlbar sind. Die nahezu kostenlose Kinderbetreuung summiert sich in regulären Doppeletats auf gut 870 Millionen Euro, das Pflegegeld auf 750 Millionen Euro, das Familiengeld auf 1,5 Milliarden Euro. Das Begleitgesetz zum Bienen-Volksbegehren nimmt sich mit Fördermittel über 72 Millionen Euro pro Jahr da vergleichsweise wie "Peanuts" aus, es läppert sich in zehn Jahren aber auch auf weit über eine halbe Milliarde zusammen. Die Bayern-Koalitionäre wollen damit Einschnitte abmildern, die Landwirte treffen. Hinzu kommt der Hintergedanke, dass Ärger der Bauern angesichts des Batzens Geld rasch verraucht. In diesem Punkt geht die Rechnung aber vorerst nicht auf - ein Beweis, dass sich mit Geld allein nicht alles richten lässt. Der konservative Teil der Landwirte nimmt Regierungschef Markus Söder bis heute krumm, dass er gegenüber den Machern des Volksbegehrens so rasch eingeknickt ist. Die widerspenstigen Landwirte fallen damit aber aus dem Rahmen. Der Großteil der Bürger genießt, dass via Investitionen oder Sozialleistungen ein Teil der Steuergelder wieder in der eigenen Tasche landet. Der Zufriedenheitsgrad mit der bayerischen Staatsregierung und mit Söder ist in aktuellen Umfragen auch deshalb so hoch. Er erreicht Werte, von denen die GroKo im Bund nur träumen kann. Für die Opposition in Bayern werden die Spielräume durch die geschickte Politik der Bayern-Koalition jedenfalls ziemlich eng. Die eine oder andere Idee hätte man wohl selbst gerne als Erster gehabt. Nun bleibt oft nur übrig, an Details herumzukritteln.
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