Grüne Revoluzzer am Start/Der "Bavarian Green Deal" stülpt den Freistaat um. Die Grünen haben ein festes Ziel, höchste Motivation und detaillierte Pläne. Leitartikel von Christine Schröpf
Regensburg (ots)
Der grüne Plan für den "Bavarian Green Deal" ist nicht nur eine ferne Vision. Der radikale ökologische Umbau, für den die Grünen-Landtagsfraktion soeben weitere detaillierte Konzepte vorgelegt hat, ist zu 100 Prozent ernst gemeint. An der hohen Motivation des grünen Spitzenpersonals können dabei nur Naive zweifeln. Die Grünen treten an, um Bayern und die Republik konsequent in eine klimaverträgliche Zukunft zu lenken. Die Partei wird es - wo immer ihr die Wähler die nötigen Hebel in die Hand geben - nicht bei einem oberflächlichen Herumdoktern belassen. In München bekommen die Bürger dafür bereits teils schwerer verdauliche Kostproben geliefert. Auch CSU-Chef Markus Söder ist längst bewusst, dass die Grünen für die "Revolution" gewappnet sind. Das war schon bei den Koalitionsverhandlungen 2017 im Bund und 2018 in Bayern zu spüren. Fortsetzung folgt nach der Bundestagswahl 2021. Die Grünen werden dabei eine Schlüsselrolle spielen. Es ist mit einer ökologischen Offensive zu rechnen, die sich nicht im Tempolimit auf Autobahnen erschöpft. Der unbedingte Regierungswille erklärt sich daraus, dass man nicht nur in der Klimapolitik viele eigene Positionen durchsetzen will. Die Grünen sprengen die Grenzen einer reinen Ökopartei. Zum Markenkern zählt genauso ein Migrationskurs der weit offenen Arme und der Kampf gegen Rechtsextremismus. Bayerns Landtagsfraktionschefin Katharina Schulze ist dafür ein gutes Beispiel: Sie kann nicht nur Kampagne - etwa beim Widerstand gegen die dritte Startbahn am Münchner Flughafen. Sie hat sich auch als innenpolitische Expertin profiliert. Was brächte ein "Bavarian New Deal"? Wie würden die Grünen den Freistaat verändern, wenn sie schalten und walten dürften? Die Politik wäre jedenfalls in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen Ressourcen schonend und klimafreundlich ausgerichtet. Zielmarke wäre die 100-prozentige Versorgung Bayerns mit erneuerbaren Energien. Die 10-H-Regel zur Windkraft würde sofort gekippt. Massive Veränderung gäbe es bei der Mobilität. Elektroautos und ÖPNV hätten Vorfahrt. Über den Freistaat würde ein dichtes Netz von E-Ladestationen gespannt. Besitzer von Benziner- und Dieselfahrzeugen würden ausgebremst. Wer in der Automobilindustrie nicht mitzieht, darf mit keinem Rettungsnetz rechnen. Innovative ökologische Startups und die kreative Digitalwirtschaft würden großzügig gefördert. Die Geschlechtergerechtigkeit in Bayern würde sich sprunghaft vergrößern. Und, und, und. Es würde sich vieles ändern. Es gäbe Gewinner und Verlierer. Die grünen Konzepte haben darüber hinaus aber auch Schwachpunkte, wie ganz aktuell ein Vorstoß zu Corona. Kurzarbeitergeld soll - staatlich gefördert - an Fortbildungsmaßnahmen geknüpft werden. Das schadet zwar nicht, doch auch der Nutzwert ist fraglich. Die Betroffenen sind ja zumeist nicht wegen schlechter Berufskenntnisse, sondern wegen des Lockdowns in die Krise geschlittert. Die Grünen haben generell dort blinde Flecken, wo sie sich außerhalb ihrer originären Lebenswelten bewegen. Sie kennen besser die Stadt als das Land, besser die bürgerliche Mitte als Menschen am sozialen Rand. Und wenn wir schon bei den Schwachpunkten sind: Robert Habeck, potenzieller Kanzlerkandidat, ist inhaltlich nicht stets so sattelfest, wie man es von einem Spitzenpolitiker erwartet. Stichwort: Pendlerpauschale und Aufgaben der Bundesfinanzaufsicht BaFin. Es irritiert dabei nicht, dass er nicht alles weiß, sondern dass er sich bei seinem Mitarbeiterstab nicht rückversichert, ob er alle Fakten kennt. Fehler wie diese trüben die Bilanz, die trotzdem unter dem Strich beachtlich ist. Die Grünen setzen beim Klimaschutz die Benchmark. Die Partei kann für sich reklamieren, dass sie sich auch nicht wegduckt, wenn es schwierig wird. Beispiel: Suche nach einem Endlager für Atommüll. Die Anti-Atomkraft-Partei hat den Abfall nicht mit verursacht. Der Verantwortung entzieht sie sich dennoch keineswegs.
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