Asylkompromiss spaltet die Grünen: Partei in Turbulenzen
Westdeutsche Zeitung, Düsseldorf (ots)
Von Lothar Leuschen
Es brodelt an der Basis, es brodelt an der Spitze. Der Deckel tanzt auf dem Topf, und es ist anscheinend nur noch eine Frage der Zeit, bis den Grünen der Asylkompromiss der Europäischen Union um die Ohren fliegt. Vielleicht ist das am Samstag bereits der Fall, wenn sich die Partei zu einer Regionalkonferenz in Bad Vilbel trifft. Eigentlich soll es da um die Landtagswahl in Hessen gehen, aber Ricarda Lang, die Co-Vorsitzende der Bundespartei, hat bereits eine Diskussion über das europäische Asylgesetz angekündigt. Es wird hoch hergehen. Das steht fest. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass die Grünen sich an einem Scheideweg streiten, der hier auf Weiterregieren weist und dort auf Opposition. Denn bei vielen Wählern, Sympathisanten und Mitgliedern der Partei ist das Maß längst voll. Im Klimaschutz geht es mit dieser Bundesregierung nicht genügend voran, das Gebäudeenergiegesetz aus der Feder des grünen Ministers Robert Habeck wird von Fachleuten, Verbrauchern und dem Regierungspartner FDP nach allen Regeln der Kunst zerpflückt. Und dann auch noch dieser Asylkompromiss.
Aus Sicht der grünen Basis ist die Enttäuschung darüber verständlich, dass die EU-Staaten zum Zustrom von Flüchtlingen recht harsch an den Außengrenzen Riegel vorschieben wollen. Und auch für Befürworter dieser Vereinbarung ist die Vorstellung davon bedrückend, dass Kinder, Frauen und alte Männer in kargen Zelten darauf warten müssen, dass Behörden den Daumen heben oder senken. Andererseits macht sich in Deutschland zunehmend aber auch Unmut darüber breit, dass anscheinend oder scheinbar nichts mehr geregelt wird. Alles scheint aus den Fugen zu geraten, alles wirkt, als sei es dem Zufall überlassen. Das sind Zeiten, in denen destruktive Geister aus braunen Flaschen kriechen.
Deshalb ist es angezeigt, zu pragmatischem Handeln zurückzukehren, Kompromisse zu suchen, zu vereinbaren und einzuhalten. Das Asylgesetz der EU ist ein Beispiel. Es soll Menschen auf der Flucht helfen und gleichzeitig in den Mitgliedsstaaten Hilfsbereitschaft erhalten beziehungsweise erzeugen. Eine deutsche Regierungspartei muss das aushalten können.
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