Milliarden-Pleitier Dr. Jürgen Schneider im TVneu-Interview: Ich will zurück ins Baugeschäft!
Hamburg (ots)
Es war die größte Baupleite in Deutschland: Vor sechs Jahren brach das Immobilien-Imperium von Dr. Jürgen Schneider, 66, zusammen. Schadensbilanz für Banken und Handwerker: 5,4 Milliarden Mark. Schneider flüchtete mit Ehefrau Claudia, 54, nach Miami. Dann die Verhaftung, 1997 der Prozess. Das Urteil: sechs Jahre und neun Monate Gefängnis (davon saß er zwei Drittel ab). Am 11. Januar 2001 zeigt eine ARD-Reportage Aufstieg und Fall des einstigen Baulöwen.
Im Interview mit der Programmzeitschrift TVneu (ab 28. Dezember 2000 im Handel erhältlich) spricht Dr. Jürgen Schneider jetzt über sein derzeitiges Leben. Er kündigt an, dass er gerne wieder ins Baugeschäft zurückkehren würde und berichtet, wie er heute vom Geld seiner Kinder lebt.
Das komplette Interview ist dieser Pressemeldung beigefügt und unter Quellenangabe "TVneu" zur Veröffentlichung frei.
TVneu: Wie geht es Ihnen?
Ich bin im Moment ganz zufrieden mit meinem Leben. Für das was ich getan habe, habe ich meine gerechte Strafe bekommen.
TVneu: Wie leben Sie jetzt?
Meine Frau und ich wohnen in einer 64-qm-Wohnung in Kronberg im Taunus. Dafür zahlen wir 2100 DM warm im Monat.
TVneu: Fiel Ihnen der Umzug von Ihrem Prunkschloss in die 3-Zimmer-Wohnung schwer?
Sie meinen die "Villa Andreae" in Königstein. Die war nur Firmensitz. Den vermisse ich weniger. Privat haben wir früher in einem Haus gewohnt, das ich selbst gebaut habe. Auch das ist in die Konkursmasse gegangen. Dort ist mir der Auszug schwer gefallen.
TVneu: Sie waren kürzlich auf Sylt. Können Sie sich das leisten?
Dort mache ich Urlaub seit meiner Kindheit. Mein Reichtum ist zwar futsch, aber ich und meine Frau müssen nicht darben. Die Reste des ererbten Familienvermögens sind auf meine Kinder übergegangen. Früher habe ich für sie gesorgt, heute sorgen sie für mich. So haben wir das in unserer Familie immer gehalten.
TVneu: Sie haben viele Schulden: Können Sie die zurückzahlen?
Mit Sicherheit nicht! Den Banken schulde ich noch 2,6 Milliarden Mark. Dafür haben die aber meine Immobilien und profitieren heute von deren steigenden Mieten.
TVneu: Ihr Buch "Bekenntnisse eines Baulöwen" verkauft sich sehr gut. Verdienen Sie da Geld?
Nein. Die Einnahmen aus dem Verkauf des Buches fließen in einen Fonds für notleidende Handwerker. Daran verdiene ich keinen Pfennig.
TVneu: Wie viel sind denn bis jetzt schon zusammengekommen?
Das kann ich erst sagen, wenn wir endgültig Kassensturz gemacht haben.
TVneu: Trauen Sie sich noch, Handwerker ins Haus zu lassen?
Warum nicht? Ich habe zwar bis heute das Gefühl, in der Schuld der Handwerker zu stehen, die durch den Zusammenbruch meines Unternehmens finanziell leiden mussten. Aber es ist nicht eine Firma durch mich pleite gegangen.
TVneu: Früher standen Ihnen alle Türen offen. Und heute?
Wenn's einem schlecht geht, wenden sich viele ab. Mir sind zum Glück ein paar gute Freunde geblieben.
TVneu: Kriegen Sie noch Kredit bei einer Bank?
Wofür denn? Ich habe ja nicht einmal ein Konto!
TVneu: Würde es Sie reizen, ins Baugeschäft zurückzukehren?
Ja. Wenn die Aufgabe stimmen würde, warum nicht. Immerhin werde ich heute noch um Rat gefragt. Sogar von Behörden.
TVneu: Sie hatten mal 16 Toupets, die versteigert wurden. Schon ein neues gekauft?
Nein! Damit habe ich nichts mehr am Hut.
TVneu: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, welcher wäre das?
Ich würde mir wünschen, dass alle Banken, denen Geld über die Konkursquote zugeflossen ist, dieses an die Handwerker zurückgeben. Denn denen gehört es schließlich auch.
Für weitere Informationen steht Ihnen Simone Walper zur Verfügung. Telefon: (01 77) 2 66 67 69
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