Greenpeace: Wem gehören Sonnenblume und Brokkoli?
Europäisches Patentamt vor Grundsatzentscheidung
Hamburg/München (ots)
Greenpeace hat im Juli 2007 am Europäischen Patentamt in München Einspruch gegen ein Patent auf Sonnenblumen eingelegt. Der US-Konzern Pioneer hatte im Oktober 2006 ein Patent auf "normale" Sonnenblumen erhalten, die nicht gentechnisch verändert worden sind (EP 1465 475 B1). Die Pflanzen weisen aufgrund natürlicher Erbanlagen eine Resistenz gegenüber Wurzelschädlingen auf. Der Einspruch von Greenpeace erfolgt vor dem Hintergrund einer geplanten Grundsatzentscheidung darüber, ob normale nicht gentechnisch veränderte Tier- oder Pflanzenarten patentiert werden dürfen.
"Das Europäische Patentamt hat in der Vergangenheit fast alle Grenzen der Patentierbarkeit systematisch ausgehebelt", sagt Christoph Then, Patentexperte von Greenpeace. "Es ist ein alarmierendes Signal, wenn das Amt, das sich ausschließlich aus Geldern der Industrie finanziert, jetzt auch noch über diese Grundsatzfrage entscheiden will."
Im Juni 2007 hat das Europäische Patentamt die sogenannte "Große Beschwerdekammer" beauftragt, die Frage zu entscheiden, ob Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren selbst dann patentiert werden können, auch wenn keine Gentechnik im Spiel ist. 2000 hatte die Grosse Beschwerdekammer bereits in einem anderen Verfahren Grünes Licht für Patente auf Gen-Saaten gegeben. Seitdem sind hunderte derartiger Patente in Europa erteilt worden. Jetzt soll anhand einer Brokkoli-Sorte grundsätzlich entschieden weren, ob normale Pflanzen und Tiere patentiert werden dürfen. Eine Firma in den Niederlanden hatte sich 2002 eine konventionell gezüchtete Brokkoli-Sorte patentieren lassen (EP 1069819), dagegen hatten andere Firmen Einspruch eingelegt, weil laut Patentgesetz im wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Tieren und Pflanzen nicht patentiert werden dürfen.
"Wenn ganz normale Pflanzen wie Sonnenblumen oder Brokkoli zu einer Erfindung erklärt werden, kann in Zukunft jedes Tier oder jede beliebige Pflanze patentiert werden. Die Agrokonzerne werden sich dann über ihre Patentanwälte die komplette Kontrolle über alle Stufen der Nahrungsmittelerzeugung verschaffen", so die Befürchtung von Then. "Auch Patentanträge, wie die von Monsanto, in denen Schweineherden aus normaler Zucht zum Patent angemeldet wurden, könnten dann kaum noch verhindert werden."
In den letzten Monaten hatten sich wegen der anstehenden Entscheidung weltweit mehr als 30 Bauernverbände zu einem Bündnis gegen Patente auf Saatgut zusammengeschlossen. Diese wollen gemeinsam den globalen Widerstand gegen Patente auf Saatgut mobilisieren und insbesondere die Entscheidungsträger in der Politik dazu auffordern, der Patentierung klare Grenzen zu setzen. Greenpeace sieht hier vor allem Bundeslandwirtschaftsminister Seehofer (CSU) in der Pflicht. Die Patentierung normaler Pflanzen und Tiere betreffe vor allem Verbraucher und Landwirtschaft, der Minister sei bei diesem Thema aber komplett abgetaucht.
Achtung Redaktionen: Rückfragen bitte an Christoph Then, Tel.: 0171 8780 832 oder Pressesprecher Patric Salize Tel.: 0171 6035 532. Das Bauern-Bündnis gegen Patente finden Sie unter: www.no-patents-on-seeds.org. Greenpeace im Internet: www.greenpeace.de
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