Patentamt torpediert Einsprüche gegen Gen-Patente
Wie eine exterritoriale Behörde aus Fehlern Kohle macht
Hamburg (ots)
Nach Erkenntnissen der Umweltschutzorganisation Greenpeace will das Europäische Patentamt (EPA) die Einspruchsmöglichkeiten gegen Patente drastisch einschränken. Vor allem Patente auf Gene und Lebewesen, einschließlich des Greenpeace-Einspruchs gegen das umstrittene Patent auf die Züchtung menschlicher Embryonen, das zu einem Sammeleinspruch erweitert werden soll, sind davon betroffen.
Das Patentamt will künftig keine Sammeleinsprüche gegen Patente mehr anerkennen. Außerdem sollen frühere Sammeleinsprüche rückwirkend für ungültig erklärt werden. Jeder einzelne Einsprechende soll in Zukunft 1200 Mark Gebühr entrichten. Bei einem Sammeleinspruch musste die Gebühr bisher nur einmal gezahlt werden. Das Amt begründet seine Pläne unter anderem mit der Sorge um die eigenen Einnahmen. Eine endgültige Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des EPA steht noch aus.
"Das Europäische Patentamt zeigt im Umgang mit der Öffentlichkeit und den Rechten der Bürger eine unglaubliche Arroganz. Auf einen Schlag sollen mit dieser Änderung der Regeln fast alle Einsprüche gegen Patente auf Leben für ungültig erklärt werden", so Christoph Then, Gentechnik-Experte bei Greenpeace. Der von Greenpeace letzte Woche eingelegte Einspruch gegen das unrechtmäßig erteilte Embryonenpatent könnte damit nicht mehr wie geplant zu einem Sammeleinspruch tausender Bundesbürger erweitert werden.
Seit 1992 sind etwa zwei Dutzend Einsprüche gegen Patente auf Pflanzen, Tiere, menschliche Gene oder den ganzen Menschen eingelegt worden, bei denen es sich fast ausschließlich um Sammeleinsprüche handelte. Patente sind nach Eingang des Einspruchs bis zu den Verhandlungen weiterhin rechtsgültig.
Ein Beispiel: Das Amt legte vergangene Woche einen schon 1995 eingereichten Sammeleinspruch gegen Patent EP-B-563144 auf Eis. Dieses Patent auf ein Stressgen umfasst auch die Nutzungsrechte auf gentechnisch manipulierte Menschen. 1997 hatte das Patentamt zugegeben, dass bei der Erteilung dieses Patents der Mensch irrtümlicherweise "durchgerutscht" sei, und akzeptierte den Sammeleinspruch schriftlich. Wenn das Amt jetzt endgültig beschließt, Sammeleinsprüche auch rückwirkend als formal falsch abzuweisen, wäre ein erneuter Einspruch gegen das Patent unmöglich, da die offizielle Einspruchsfrist von neun Monaten längst abgelaufen ist. Das Patent einschließlich der Ansprüche auf den Menschen bliebe dann rechtskräftig und unanfechtbar.
"Beim Rechtsbruch erwischt, ist das Patentamt geständig und erbittet einen Einspruch, um den Fehler beheben zu können. Die Verhandlungen zu den Einsprüchen werden dann aber erst über Jahre verschleppt und später aus dubiosen Gründen abgewiesen", sagt Christoph Then. "Das Europäische Patentamt hat Rechtsbruch, Rechtsbeugung und Rechtsverdrehung zum perfekten System entwickelt. Eine unabhängige Kontrolle des Amtes ist dringend nötig. Einsprüche sollten vor einem unabhängigen Gericht verhandelt werden."
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