Radioaktiver Schutt auf die Müllhalde?
Greenpeace: Umweltminister will unnötig viel Strahlung zulassen
Hamburg (ots)
Radioaktiv verstrahlter Bauschutt vom Abriss alter Atomanlagen soll auf normalen Mülldeponien endgelagert werden dürfen. Verstrahltes Altmetall darf eingeschmolzen und zu beliebigen Produkten weiterverarbeitet werden. Das sehen die neuen Vorschläge des Bundesumweltministeriums zur Strahlenschutzverordnung vor, die heute in Bonn im Rahmen einer Anhörung diskutiert werden. Zwar will das Ministerium einige Grenzwerte für radioaktive Belastung senken, doch gleichzeitig schafft es der Atomindustrie Schlupflöcher, die den Strahlenschutz verringern.
"Wenn Umweltminister Trittin diese Vorschläge durchgehen lässt, wird sich der Strahlenschutz in Deutschland insgesamt verschlechtern", sagt Susanne Ochse, Atomexpertin bei Greenpeace. "Radioaktive Stoffe würden unkontrolliert in der Umwelt verteilt. Trittin verfährt ganz nach dem Motto `Ein bisschen Strahlung hat noch niemandem geschadet`. Schließlich wird die Strahlenschutzverordnung überarbeitet, gerade weil man die Gefährlichkeit radioaktiver Strahlung höher einschätzt als bisher. Alle Grenzwerte müssen deshalb konsequent abgesenkt werden. Und die geplanten Ausnahmen haben in einer Verordnung, die die Menschen vor Strahlung schützen soll, nichts zu suchen."
Die neue Verordnung ist notwendig, da die Internationale Strahlenschutzkommission bereits 1990 zugeben musste, die Gefährlichkeit radioaktiver Strahlung jahrelang massiv unterschätzt zu haben. So ist die Todesquote durch Strahlenkrebs viermal höher als Wissenschaftler bis dahin annahmen.
Als Folge der neuen Verordnung würden nach heutigen Schätzungen allein in Deutschland insgesamt rund 500.000 Tonnen leicht radioaktiver Atommüll auf Mülldeponien landen oder weiterverwendet werden, statt in ein Endlager gebracht zu werden. Der Strahlenschutz-Grenzwert für die Freigabe dieses Atommülls ist so unpräzise formuliert, dass seine Einhaltung nicht überprüfbar ist.
Außerdem soll die erlaubte Strahlendosis für Beschäftigte in Atomanlagen in Zukunft bei nicht näher bestimmten "außergewöhnlichen Umständen" um das Fünffache überschritten werden dürfen. Bis jetzt war eine solche Ausnahme nur in zwingenden Notfällen erlaubt, z. B. um andere Menschen aus Gefahr zu retten. Ähnlich große Überschreitungen der Grenzwerte sollen auch für Jugendliche in der Ausbildung toleriert werden.
Gleicher Strahlenschutz in Ost- und Westdeutschland lässt ebenfalls weiter auf sich warten. Für die Sanierung der ostdeutschen Uran-Abbaugebiete soll die neue Strahlenschutzverordnung nicht gelten. Hier gilt weiter das alte DDR-Recht mit seinen weniger strengen Grenzwerten.
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