BLOGPOST: Der Einzug der Roboter in die Kommunikation
Schuhe kaufen, Kinokarten bestellen, Nachrichten lesen - all das soll zukünftig über eine einzige Schnittstelle möglich sein, den Facebook Messenger. Mark Zuckerberg hat dafür kürzlich den Weg freigemacht und sein Chatprogramm für Drittanbieter geöffnet. Unternehmen können Bots bauen und sich damit eine Eintrittskarte in Zuckerbergs Plattform sichern. Auch Microsoft, Google, Slack und Apple experimentieren mit Chat-Bots. Sind sie das nächste große "Technologie-Ding"?
Bots, kurz für Roboter, sind kleine Softwareprogramme, die menschlich agieren und doch künstlich sind. Sie sollen, eingebunden in Chatprogramme, unsere Vorlieben erkennen, maßgeschneiderte Angebote machen und News übermitteln. Der Messenger wird damit zur universellen Dienstleistungs-Plattform.
Mit Bots könnten Unternehmen und Medien ihre Reichweite enorm erhöhen. Denn Messenger sind die meist genutzten Apps. Jeder Dritte Deutsche hat sie auf seinem Smartphone installiert. Weltweit sind es geschätzte 3,2 Milliarden Nutzer. Noch stecken Messenger-Bots jedoch in den Kinderschuhen. Nur eine Handvoll Anbieter setzt sie bereits ein. Die meisten sind englischsprachig.
Doch auch deutsche Medienunternehmen experimentieren mit den dialogfreudigen Robotern.Vorteil für den Nutzer: Er braucht nicht für jede Aktivität eine eigene App oder muss umständlich nach der richtigen Website suchen. All das erledigt der Messenger mit Hilfe der eingebundenen interaktiven Bots. Nicht ohne Grund hält Microsoft-Chef Satya Nadella Bots für "die neuen Apps".
Als bislang einziges deutsches Medium nutzt BILD den Facebook Messenger zur Verbreitung von News. Der BILD-Ticker liefert über einen Bot Fußball-Nachrichten auf das Smartphone. Damit ist das Springer-Blatt neben CNN und Techcrunch einer der First Mover in Zuckerbergs Chatprogramm.
Die Darbietung der BILD-Nachrichten im Messenger mutet bisher eher wie ein RSS-Feed an. Der Empfänger erhält Überschrift und Foto und gelangt über "Artikel lesen" auf die BILD-Website. Interaktionen und Dialoge mit dem Bot sind (noch) nicht möglich. Techcrunch und CNN bieten zusätzlich die Möglichkeit, mit Hilfe von Schlüsselbegriffen zu interagieren.
Auch wenn Nachrichten-Bots im Facebook Messenger bislang recht simpel daher kommen, bietet die Technologie ein reizvolles Experimentierfeld. Ein Publikum, das ausschließlich bei Facebook nach Informationen sucht, verspricht riesige Reichweiten und neue Leserschaft.
Doch nicht nur Facebook setzt auf die Kommunikation von Mensch und Maschine. Auch das Projektmanagement-Tool Slack, das inzwischen bei mehr als zwei Millionen Deutschen täglich im Einsatz ist, erleichtert seinen Nutzern die Arbeit mit Bots. Als einziger deutscher Publisher bietet das Fachmagazin t3n eine automatische News-Belieferung für Slack an. Jedes beliebige Ressort kann mit Hilfe des t3n-Bots abonniert werden. Sobald ein neuer Artikel im jeweiligen Ressort erscheint, erhält der Nutzer die Meldung in seinen Slack-Messenger.
Noch ist das Finden interessanter (Nachrichten)-Bots mühsam. Slack bietet bereits ein Bot-Directory an. Hier finden sich mehr als 70 kleine Programme, die bei der Organisation von Terminen helfen, Erinnerungen verschicken oder Auswertungen erstellen. Auch Facebook will demnächst Abhilfe schaffen. Der angekündigte "Messenger Bot Store" - so meinen Experten - könnte einen ähnlich weitreichenden Paradigmenwechsel einleiten wie die Einführung des Apple App-Stores vor acht Jahren.
Was könnten Bots zukünftig leisten? Sobald Bots schnell zu finden und einfach zu nutzen sind, könnten sie zahlreiche Apps ersetzen. Die Macht der Messenger stiege enorm und würde sie zu einem neuen zentralen Ökosystem machen. Die kleinen Dialog-Programme würden zum One-Stop-Shop: Kiosk, Kaffeeküche und Einkaufsladen in einem.
Bots könnten nicht nur die Zustellung von News sondern auch den Kundendienst revolutionieren. Um den Support eines Unternehmens in Anspruch zu nehmen, könnte zukünftig der Facebook Messenger eingesetzt werden. Eine kurze Nachricht mit dem Problem an den Anbieter - und das dahinter liegende System beantwortet automatisch die User-Fragen. Chatten mit dem Bot statt eines Anrufs im Callcenter.
Auch für die PR böten sich Chancen. Björn Eichstädt, Geschäftsführer der Agentur storymaker, stellt sich etwa einen digitalen Assistenten vor, der das Agenda-Surfing erleichtert. Auf Grundlage von Themenfiltern und aktuellen Nachrichten könnte der Bot Vorschläge zu möglichen Kommunikationsanlässen machen. Auch eine Chatbot-Anwendung, die interessierten Website-Besuchern Fragen nach Unternehmenshintergrund, verfügbaren Fotos oder dem Vorstand beantwortet, sei aus seiner Sicht vorstellbar.
Klaus-Peter Frahm, Leiter Business Development bei news aktuell, sieht den Einsatz von Bots noch skeptisch. Zwar könnten sie zukünftig einfache Abfragen von Fakten abfangen. Auf komplexere Dialog-Maschinen sollten Unternehmen aus seiner Sicht jedoch erst setzen, wenn diese mit der Komplexität von Kommunikation auch angemessen umgehen können. Davon seien wir allerdings noch weit entfernt.
Original-Blogpost aus TREIBSTOFF:
http://treibstoff.newsaktuell.de/2016/07/18/bots-in-der-kommunikation
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