BLOGPOST: Die Zukunft von Print - Wohin geht die Reise?
Print oder online? Vieles sprach in den letzten Jahren für das Internet und gegen Print. Das stürzte die Druckbranche zeitweise in eine tiefe Krise. Doch diese ist mittlerweile überstanden. Print und damit auch die Druckbranche feiern ein fulminantes Comeback. Was hat Industrie 4.0 mit der Zukunft von Print zu tun und wie können Kommunikationsstrategen davon profitieren?
Von Dr. Michael Fries
Auf der drupa, der Mega-Messe für die Druckbranche, herrschte Anfang Juni 2016 Aufbruchstimmung: Volle Auftragsbücher und innovative Drucktechnologien machten deutlich, dass sich die Branche erholt hat. Im Grunde hat sich nur bestätigt, was bereits vor einigen Jahren sowohl durch die Hirnforschung als auch durch die Motivationsforschung belegt wurde und was Printverfechter seit langem leidenschaftlich predigten: Print wirkt!
Printmedien profitieren von erhöhter Aufmerksamkeit
Das Siegfried Vögele Institut in Königstein fand heraus: "Werden Informationen vom Papier abgelernt, erinnern sich Menschen besser an die ursprüngliche Lernquelle. Dies hängt damit zusammen, dass sowohl beim Speichern als auch beim Abruf der gespeicherten Informationen Hirnareale im primärsensomotorischen Cortex aktiviert werden." Das interessierte jahrzehntelang kaum jemanden, der eine Zeitung oder Zeitschrift verlegte, darin warb oder mit Katalogen, Plakaten, Flyern oder anderen Werbemitteln Aufmerksamkeit erregen wollte. Print war ohnehin neben dem Fernsehen das Mittel der Wahl, um Kunden mit Werbebotschaften zu erreichen. Erst mit dem Aufstieg des Internets sanken Auflage und Umfang traditioneller Publikationen, große Versandhandelskataloge verloren durch den Erfolg des E-Commerce ihre Berechtigung und die Druckbranche büßte Fertigungsvolumina ein.
Die Alleinherrschaft von Print ist zwar vorbei, doch nicht einmal E-Commerce-Unternehmen können auf gedruckte Medien verzichten. Denn von allen Medien besitzt Print die größte Wahrscheinlichkeit, den Konsumenten auf dem Höhepunkt seiner Aufmerksamkeit zu erreichen. Im Laufe der letzten 15 Jahre verbesserte sich die Wahrnehmung von Printwerbung um sieben Prozentpunkte auf 42 Prozent. Selbst unter den "Digital Natives" der 18- bis 24-Jährigen ziehen 94 Prozent das Lesen auf Papier dem Lesen auf einem Bildschirm vor, fand die Initiative "Two Sides" heraus. Durch seine multisensorische Wirkung fördert Papier die Aufnahme und Verinnerlichung von Informationen, das bestätigt auch der renommierte Hirnforscher Hans-Georg Häusel.
Onlinedruckereien als Innovationstreiber
Die Erkenntnis allein, dass Print wirkt, reichte jedoch nicht aus, um der Druckbranche wieder Aufwind zu geben. Sie musste sich schon den neuen Gegebenheiten anpassen. Einen großen Beitrag dazu haben Onlinedruckereien geleistet: Mit ihnen hat "Industrie 4.0" auch Einzug in die Druckbranche gehalten. Das Internet vereinfacht vieles und macht den Kunden zeit- und ortsunabhängig bei der Bestellung seiner Druckprodukte. Für den entscheidenden Effizienz- und Kostenvorteil sorgte die Einführung des Sammeldruckverfahrens. Die zentrale Idee dahinter: Statt eines einzelnen Kundenauftrages werden nun auf einer Druckform mehrere Aufträge verschiedener Kunden automatisiert zusammengefasst. Dadurch konnten die Preise für Druckprodukte wesentlich reduziert werden, da das Papier nahezu flächendeckend genutzt wird und kein Papierabfall anfällt.
Mit den optimierten und aufeinander abgestimmten Bestell- und Produktionsprozessen konnten die Produktionszeiten erheblich reduziert werden. Diese Innovationen führten zu einem jährlichen zweistelligen Umsatzwachstum im Onlinedruck - und das Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft. Die Möglichkeit, über das Internet zu bestellen und günstige Preise haben neue Nutzerschichten angelockt. Auch Kleinunternehmer, Freiberufler und Selbständige können und wollen sich nun eine professionelle Geschäftsausstattung mit gestalterisch aufeinander abgestimmten Visitenkarten, Briefbögen und Flyern leisten.
Integrierte Kommunikation
Wenn Werber und Marketingexperten über "Touchpoints" nachdenken und die "Customer Journey" planen, dann beziehen sie heute sowohl Online- als auch Offline-Medien mit ein. So konnten auch jenseits des Internets neue, innovative Formate entstehen: Kiloschwere Versandkataloge von mehr als tausend Seiten Umfang sind passé. Kataloge haben abgespeckt, wurden zielgruppenspezifisch oder sind gänzlich einer Kombination aus Magazin und Katalog, kurz "Magalog", gewichen. In Magalogen werden Produktabbildungen durch redaktionelle und unterhaltende Inhalte ergänzt und in einen Kontext gesetzt. Sie haben weniger Seiten, erscheinen aber häufiger. Leser erhalten dadurch nicht nur Kaufimpulse, sie werden auch bei ihrer Kaufentscheidung unterstützt.
Für Kunden ist die wechselseitige Verbindung zwischen Online und Print heute ganz normal. QR-Codes und Shortlinks in Printanzeigen, Hinweise auf Augmented Reality-Angebote in Magalogen wie dem Zalando Magazin oder Flyer mit personalisierten Gutscheincodes zur Reaktivierung von Onlineshop-Kunden sind Standard - und es gibt immer wieder neue Ideen: Der größte Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Großbritanniens, Trinity Mirror, testet zusammen mit Wissenschaftlern der Universität von Central Lancaster eine digitale Erweiterung gedruckter Zeitungen auf Smartphones. Dabei "klickt" der Leser auf das Papier und aktiviert so beispielsweise korrespondierende Videoinhalte auf seinem Smartphone.
Print und PR
Der Onlinedruck eröffnet auch für Kommunikationsstrategen neue Möglichkeiten: In der internen Kommunikation haben Mitarbeiterzeitungen sogar in reinen E-Commerce-Unternehmen ihre Wichtigkeit behalten. Während in der externen PR lange die Zweckmäßigkeit der Informationsvermittlung im Mittelpunkt stand, werden nun auch Inhalte durch eine haptische Komponente aufgewertet. UV-Lack-veredelte Pressemappen und Geschäftsberichte, die auf hochwertigem Papier gedruckt werden, können heute auch in kleinen Auflagen hergestellt werden. Klimaneutral gedruckte Broschüren werden als solche gekennzeichnet und zeigen Lesern das Umweltbewusstsein der eigenen Organisation. Klassische Werbeträger wie Tischaufsteller oder Türanhänger lassen sich bei Events für das Branding und Informationsvermittlung nutzen. Eine "Pressewand" mit Facts als Hintergrund für ein PR-Bild lässt sich schnell und günstig produzieren. Die Kommunikation via Printmedien ist heute nicht nur kostengünstiger und schneller verfügbar, sondern auch zielgruppenspezifischer geworden.
Es wird spannend sein, zu verfolgen, wie sich Print im digitalen Zeitalter weiter entwickeln wird und welche Strategien Printmedien finden, um sich auf dem Markt gegen Onlinemedien zu behaupten. Sicher ist, dass Gedrucktes langfristig wichtig bleibt, denn Print ist beliebt, vertraut und effektiv.
Dr. Michael Fries ist Geschäftsführer der Onlineprinters GmbH, einer der führenden Onlinedruckereien Europas.www.diedruckerei.de