BLOGPOST - Neu in zimpel: Wolf - Entschleunigen Sie bitte
Falls es jemand noch nicht mitbekommen hat: Wolf heißt rückwärts Flow. Der Name des Magazins ist deshalb so clever, weil es sich als Gegenstück zur Frauenzeitschrift an Männer richtet - und zwar an solche, die eine Pause vom stressigen 2.0 Leben brauchen und sich, den einsamen Namenspaten des Magazins gleich, zurück in den Wald sehnen. TREIBSTOFF hat sich mit Stockbrot und Marshmallows ans Lagerfeuer gesetzt und das neue Magazin aus dem Hause Gruner + Jahr durchgeblättert.
Und das ist kein leichtes Unterfangen, denn Wolf kommt mit allerlei Extras daher: Schokolade, Autoquartett, eine heraustrennbare Kurzgeschichte und hübsche Sprüchepostkarten purzeln dem Leser aus den abwechslungsreich gestalteten Seiten entgegen, als wollte das Magazin den Kaufpreis von 8,50 EUR in Naturalien zurückgeben. Ob liebevolle Gestaltung, oder Bestechungsversuch muss der Leser dabei selbst entscheiden.
Denn inhaltlich wagt Wolf kaum Vorstöße in unbekanntes Revier. Die Titelgeschichte beschreibt die Oberflächlichkeit des Internetzeitalters - und bleibt dabei selbst an der Oberfläche. Wir gucken alle zu oft aufs Handy, Facebook verzerrt das Gesellschaftsbild und früher war es eh schöner. Die Narrative folgt einer sentimentalen Agenda, die dem Schwerpunktthema der Ausgabe dient: zurück zur Natur. So möchte der Autor gerne die Zeit verlangsamen und schwelgt in schönen Erinnerungen. Symptombehandlung wird also als adäquate Reaktion auf das grundlegende Problem zunehmender Schnelllebigkeit empfunden. Dabei wäre es doch viel spannender zu erörtern, wo in einer sich wandelnden Gesellschaft Platz für neue schöne Erinnerungen zu finden wäre. Doch anstatt Lösungen zu suchen will Wolf Sehnsucht generieren.
Wer ist die Zielgruppe von Wolf? Es ist zu hoffen, dass es nicht der moderne Mann von heute ist, denn mit jedem Artikel, jedem Ratschlag und jeder Geschichte, wird auf das Nostalgiezentrum des Lesers abgezielt. Hütte im Wald, Schallplatten, Meditationstipps aus den 70ern. Wolf verpasst es neben romantischer Verklärung der Prä-Internet-Ära den Bogen zur Gegenwart zu schlagen.
Abseits des Titelthemas bespielt Wolf die klassische Klaviatur der Männerzeitschriften. Produktempfehlungen treffen auf Modetipps, Porträts über kernige Typen und seltsam herzschmerzige Geschichten. Nichts davon tut weh und alles ist hübsch gemacht. Doch handelt es sich bei Wolf, trotz schöner Aufmachung, eben doch um ein zahmes Exemplar der Gattung Männer-Lifestylemagazine. Die Aufteilung in Männer- und Frauenzeitschriften ist grundsätzlich problematisch und antiquiert, doch wie es besser geht, zeigte jüngst das ZEITmagazin MANN, das zumindest versucht einen etwas moderneren Weg zu gehen. Wolf sei also allen empfohlen, die sich in Postkartenmotive vergangener Zeiten träumen möchten. Die angestrebte Entschleunigung muss dennoch im hier und jetzt gefunden werden.
Dieser Beitrag ist ein Original-Blogpost aus TREIBSTOFF: http://treibstoff.newsaktuell.de/neu-zimpel-wolf/
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