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BLOGPOST Kundenkommunikation: Menschen spüren, ob man sie mag

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Wenn ein Radfahrer kurz vor der Bergkuppe aufhört zu treten, dann waren die vorherigen Strapazen umsonst. Das gilt auch für die Kundenkommunikation. Eine kleine Unachtsamkeit macht schnell kaputt, was man vorher mühsam aufgebaut hat. Genauso erlebte es unser Autor, als er online ein Geschenk für seine Kinder bestellte.

Von Guido Augustin

Haben Sie Lust auf ein Experiment, das Ihre Kommunikation auf ein nie gekanntes Niveau hebt?

Das geht in zwei Schritten. Erstens: Wenn Sie Menschen begegnen (die Sie nicht kennen), grüßen Sie als Erster, lächeln Sie über das ganze Gesicht. Meine Erfahrung: Es funktioniert, Fratzen werden zu Freunden.

Zweitens: Übertragen Sie die dabei gewonnene Haltung auf die Art und Weise, wie Sie kommunizieren.

Wenn ein Unternehmen einem Kunden eine Mail schickt - ist es nicht ein Mensch, der einem Menschen begegnet? Wenn in einer Bedienungsanleitung steht, wie ich dieses verflixte Regal zusammen schrauben soll - ist es nicht ein Mensch, der einem anderem Menschen helfen will? Wenn auf einer Webseite steht, was eine Firma so alles hat, kann und will - ist es nicht ein Mensch, der von einem anderen Menschen dafür gemocht werden will, wie er ist?

Menschen spüren, ob man sie mag. Von Angesicht zu Angesicht genauso wie über einen digitalen Kanal.

Ich habe mal online ein Geschenk für unsere Kinder bestellt. Toller Shop, war das erste Mal da. Ich fühlte mich so wohl, dass ich sogar ein Kundenkonto angelegt habe, mache ich sonst nie. Doch dann haben sie zu spät geliefert. Kann ja mal passieren, dachte ich und beschwerte mich per E-Mail.

Die Antwort war das genaue Gegenteil dessen, was unser kleines Experiment bewirken soll:

Hallo Herr Augustin,

Die Termine auf der Bestellbestätigung dienen lediglich der Orientierung. Der Kaufvertrag zwischen der Verkäuferin und dem Besteller kommt erst durch eine Annahmeerklärung der Verkäuferin zustande. Diese erfolgt zum früheren der beiden Termine, entweder Zusendung der Ware oder Zusendung einer Versandbestätigung per E-Mail.

Wir haben Ihr Paket am 10.01.2017 an DHL übergeben. Auf die logistischen Abläufe bei DHL haben auch wir keinen Einfluss.

Noch eine Bitte: behalten Sie im Laufe unseres Austausches die Betreffzeile bei, wie sie ist. Dann lassen sich die einzelnen Korrespondenzschritte leichter nachvollziehen.

Herzlichen Dank.

Ihnen noch einen schönen Tag.

Die Betreffzeile lautete: "Referenz #22119498:" Kein Witz.

Was ist hier bloß schiefgelaufen? Ich finde, so ziemlich alles - eine Auswahl:

1. Die Betreffzeile hat den Charme einer Gefängnistür.

2. "Hallo Herr Augustin" ist keine schöne Anrede.

3. Der Mensch, der diese Mail schrieb, war frei von Empathie und voller Angst. Es hätte nichts gekostet, mit einem "tut mir Leid, dass das Geschenk nicht rechtzeitig eintraf!" zu beginnen.

4. Juristen lernen während ihrer Ausbildung die Kunst des Krieges. Sie sollten keinen Kundenkontakt haben.

5. Die Schlussbitte, die Betreffzeile nicht zu verändern, ist eine holzige Umschreibung für "bitte machen Sie unsere Arbeit".

6. Bei der Grußformel "Ihnen noch einen schönen Tag" muss ich an eine russische Zollbeamtin am Moskauer Flughafen während es kalten Kriegs denken.

Was wäre gewesen, wenn dieser Mensch vor dieser Mail eine Stunde durch eine deutsche Innenstadt gelaufen und wahllos fremde Menschen gegrüßt, sie angestrahlt hätte? Ein Versuch:

Lieber Herr Augustin,

wie schade, dass das Geschenk nicht morgens auf dem Geburtstagstisch lag. ich hoffe, Ihre Kinder hatten trotzdem einen unvergesslichen Tag!

Sie haben zwei Tage vor dem Geburtstag bestellt und sich dabei an unserem Lieferdatum orientiert. Das hätten wir auch beinahe geschafft. Sie müssen jedoch wissen, dass diese Angaben nicht verbindlich sind. Denn es hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie lange ein Paket unterwegs ist. Viele davon können wir selbst nicht beeinflussen.

Ich habe unser Online-Team gebeten, zukünftig deutlich darauf hinzuweisen, dass wir genannte Lieferzeiten nicht immer halten können.

Gerade sehe ich, dass Sie bei Lidl Online als Erstbesteller ein Kundenkonto angelegt haben. Dafür erst einmal herzlichen Dank. Ich habe Ihnen dort für Ihren nächsten Einkauf bei uns einen Gutschein für eine kleine Überraschung hinterlegt!

Herzliche Grüße aus <Ort>

Wie so vieles im Leben ist auch dies keine Frage der Ausbildung, der Kosten oder der Umstände. Es ist eine Frage der Haltung - eine Entscheidung, die jeder für sich selbst treffen kann.Es ist ja immer traurig, wenn ein Unternehmen sich positioniert, dann an manchen (manche an vielen) Touchpoints exzellent kommuniziert, um dann an einigen wenigen, aber erfolgskritischen Stellen alles zu zerstören, was vorher mühsam aufgebaut wurde. Es ist auch teuer, wie der Radfahrer, der die Steigung fast geschafft hat und dann auf den letzten Metern aufhört zu treten - obwohl es doch nur eine kleine Anstrengung mehr wäre nach all den Strapazen.

Ach ja, mein Vorschlag für die Betreffzeile: "Wie schade!"

Dieser Beitrag ist ein Original-Blogpost aus TREIBSTOFF:

http://treibstoff.newsaktuell.de/experiment-fuer-kundenkommunikation/

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TREIBSTOFF ist das Blog der dpa-Tochter news aktuell. Es geht dort um die Themen Kommunikation, Pressearbeit und Social Media. Und manchmal auch um news aktuell selbst. Welche Trends, welche Apps, welche Themen bewegen Kommunikationsfachleute heute? Wie sieht unser Arbeitstag aus? Was ist wichtig für die Karriere? Best Practice, Interviews und Gastbeiträge warten auf PR-Profis und Pressesprecher. Ein Mal pro Quartal gibt es TREIBSTOFF auch als gedrucktes Magazin.

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