BLOGPOST: Die Macht der Körpersprache
Sieben Prozent: Soviel Anteil hat das gesprochene Wort bei unserer Außenwirkung. Zu 93 Prozent entscheiden nonverbale Signale, wie wir bei unseren Zuhörern ankommen. Für professionelle Kommunikatoren eine wichtige Erkenntnis. Doch wie gelingt ein wirkungsvoller Einsatz von Körper und Stimme? Über die Macht der Körpersprache.
Ich stehe vor einer geschlossenen Tür. Ich werde sie gleich öffnen und einen großen Ballsaal betreten. Als Gastgeberin eines großen Events freue ich mich auf das Fest und die Ballgäste. Jetzt öffne ich die Tür. Ich lasse mir Zeit beim Betreten des Raums. Aufgeschlossen für die Situation und die Menschen im Raum gehe ich an meinen Platz.
Mit dieser inneren Einstellung betritt eine Geschäftsfrau den Konferenzraum, in dem ihre männlichen Kollegen bereits auf sie und ihre Präsentation des neuen Marketingkonzepts warten. Sie ruht in sich selbst und startet souverän ihren Vortrag. "Jedes Coaching setzt bei der inneren Haltung an", sagt Johannes Steck. Der Hörbuchsprecher und Schauspieler coacht Führungskräfte vor ihren öffentlichen Auftritten.
Viele Menschen fühlen sich vor einem größeren Publikum unwohl. Das spiegeln sie unbewusst mit ihrer nonverbalen Sprache - also Mimik, Gestik und Stimme: Sie brechen immer wieder den Kontakt mit dem Publikum ab, reden zu schnell oder sprechen zu leise. Während der Rede weichen sie im Raum zurück, ihre Füße wenden sich vom Publikum ab. Körper und Stimme verraten ihre innere Haltung: Ich will gar nicht hier stehen, sondern schnell fertig werden und dann wieder weg. "Die Einstellung muss aber eine ganz andere sein", so Steck. "Ich habe Lust auf den Auftritt und freue mich, vor Menschen zu stehen, weil ich die Chance bekomme, etwas zu sagen."
Stellschrauben für einen souveränen Auftritt sind aber nicht nur die innere Einstellung, sondern ebenso die Körperhaltung beim Sprechen und die Atmung. Eine wichtige Rolle spielen auch die Artikulation, das Sprechtempo, der Einsatz von Pausen sowie die Empathie gegenüber dem Publikum.
"Empathie ist etwas Wesentliches", sagt Johannes Steck. "Wenn ich beim Reden überlegen muss, wie meine Stimme sitzt oder wo ich meine Hände habe, dann bin ich nur auf mich konzentriert und nicht bei meinen Zuhörern. Wenn ich aber zu 100 Prozent bei meinen Publikum bin und es bewusst wahrnehme, sehe ich die Reaktionen und kann darauf eingehen."
Ein souveränes Auftreten kann trainiert werden, so Steck. Sein Kollege Alexander Mazza sieht das genauso. Der Schauspieler und Moderator coacht zusammen mit Johannes Steck Menschen in ihrer Außenwirkung und konzentriert sich dabei auf Körpersprache. "Am Anfang steht immer die richtige Atmung. Sie hilft dir, deine Nervosität besser unter Kontrolle zu bringen", erklärt Mazza. "Außerdem unterstützt sie dich dabei, in einem angemessenen Tempo und in einer angemessenen Lautstärke zu sprechen."
Selbstbewusstes Auftreten hat viel mit dem Bewusstsein über sich selbst zu tun. Sehr erhellend sei es - so die Coaches - sich mit Kamera und Mikro aufzunehmen. Denn viele Menschen haben ein verzerrtes Bild von sich und davon, wie sie wirken wollen. Der erste Schritt ist deshalb, sich selbst kennenzulernen. Dann merkt man, dass man oft zu schnell und ohne Pausen spricht. "Das Sprechtempo hat viel mit souveränem Auftreten zu tun", führt Johannes Steck aus. "Wenn ich mir Zeit lasse, dann werde ich von meinem Gegenüber als selbstbewusst wahrgenommen. Schnelleres Reden vermittelt eher Unsicherheit. Langsameres Sprechen hingegen Reife und Kompetenz."
Und wie kann ich mit Mimik und Gestik meine Inhalte richtig unterstreichen? "Diese Frage stellen Coaching-Teilnehmer oft", lacht Alexander Mazza. "Grundsätzlich gilt: Körpersprache ist immer gut gesetzt, wenn sie das Gesagte unterstützt. Offen und dem Publikum zugewandt ist nie falsch. Gestik lässt sich jedoch ganz schwer trainieren, da sie etwas Intuitives ist. Daher sollte man immer das sagen, was man auch wirklich meint. Denn authentisches Meinen sorgt für Präsenz und unterstützt die Körpersprache." Häufig werde er auch gefragt, wohin mit den Händen beim Reden, so Mazza: "Wichtig ist eine individuell passende Ausgangssituation. Angela Merkel zum Beispiel 'parkt' ihre Hände in einer uns allen bekannten Position. Bei ihr wirkt das authentisch, bei anderen wiederum gestellt."
Welches Körperteil verrät am meisten über einen? "Das Gesicht können wir am ehesten kontrollieren, bei den Händen wird es schon schwieriger. Am wenigsten unter Kontrolle haben wir die Füße", sagt Johannes Steck. So verhört das FBI mittlerweile ohne Tisch, damit die Ermittler die Füße der Befragten immer im Blick haben. "Wenn ich zu dir sage: Ich finde das, was du sagst, total spannend, aber mein Fuß schon so gedreht ist, dass ich schnellstens abhauen könnte, entspricht meine Aussage nicht der Wahrheit", erläutert Steck die verräterische Gestik der Füße.
Bei selbstbewussten Menschen bilden Inhalt und Form des Gesagten hingegen eine Einheit. Ihre volle Aufmerksamkeit ist im Hier und Jetzt, sie nehmen den Raum ein und haben verinnerlicht, was sie wollen und was ihre Rolle in der konkreten Sprechsituation ist. Das hat viel mit der inneren Haltung - sprich der Lust am Auftreten - zu tun, so die Profis.
Dennoch bleibt bei einigen Menschen die Furcht vor dem berühmten Blackout. "Wenn du Angst hast, geht der Sauerstoff und damit deine ganze Energie in die Hände und Füße und raus aus dem Gehirn. Das ist unser limbisches System, das uns bei Gefahrensituationen dazu bringt, möglichst schnell weglaufen zu können", erklärt Johannes Steck das Phänomen. "Damit der Sauerstoff im Gehirn bleibt, ist eine tiefe Atmung unerlässlich. Wenn man sich das bewusst macht, ist schon viel gewonnen."
Vor einer Rede sollte man sich daher warm machen - wie ein Sportler vor einem Match. Hierfür gibt es diverse Übungen. Eine ist das Zentrieren, bei dem man sich seinen kompletten Körper bewusst macht. In der Folge entkrampft man und erhält eine lockere Atmung. "Auch wenn diese Übungen auf den ersten Blick bekloppt erscheinen: Gähnen und Seufzen machen ebenfalls ruhig", grinst Johannes Steck.
Auch erst einmal lustig anmutend: typische Siegerposen einnehmen. "Das sind wahre Energiequellen für den Auftritt", so Alexander Mazza. " Du lässt Dampf ab und kommst viel ruhiger und kraftvoller in den Raum." Auch ein stabiler Stand gibt Selbstbewusstsein. "Dafür stellt man sich schulterbreit auf, pendelt sich aus und stellt sich dann vor, wie einem Wurzeln aus den Füßen wachsen", erklärt Mazza. Für eine klare Artikulation empfehlen die Coaches die Korkenübung. Dabei liest man einen Text mit einem Korken im Mund, im Anschluss nochmal ohne Korken. Die Wirkung ist erstaunlich: Die Sprache wird viel deutlicher.
Und während des Auftritts? Das A und O ist der Kontakt zum Publikum. Er sollte nie abreißen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Aber in den Workshops - auch mit erfahrenen Führungskräften - stellen die beiden Trainer immer wieder fest, wie häufig ein bereits aufgebauter Kontakt wieder abgebrochen wird. Etwa, nachdem die Teilnehmer den Raum betreten haben und die Tür schließen. Auch der Blickkontakt spielt eine große Rolle: "Der permanente Augenkontakt ist anstrengend. Der Blick kann ruhig mal abschweifen - etwa wenn man Gedanken entwickelt oder Pausen macht. Grundsätzlich sollte man nach oben schauen, weil man dann positiver und souveräner wirkt, als wenn man nach unten schauen würde. Beim Schlüsselwort muss man wieder den Blickkontakt zum Gegenüber aufnehmen", empfiehlt Johannes Steck.
Viele Leute bewegen sich während eines Auftritts im Raum. Das hilft einerseits, Nervosität abzubauen. Andererseits kann es aber auch schnell in ein "Herumtigern" ausarten und im Publikum Unruhe erzeugen. "Bewegung auf der Bühne muss immer motiviert sein und den Dimensionen des Raumes angepasst", meint Alexander Mazza. "Zu viel Bewegung lenkt irgendwann stark vom Inhalt ab."
Was empfehlen die Profis, wenn es tatsächlich einmal zu einem Blackout kommt? Auf keinen Fall Kaschieren, so die einhellige Meinung. "Wenn du auf deiner Reise eine falsche Ausfahrt genommen hast, dann nimm dein Publikum auch dorthin mit. Wenn du versuchst, einen Hänger zu verbergen, dann irritiert das die Zuhörer eher", rät Mazza. "Steh zu deinem Ausrutscher, denn sonst verlierst du radikal an Glaubwürdigkeit", ergänzt Steck.
Dieser Beitrag ist ein Original-Blogpost aus TREIBSTOFF:
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