"Mehr auf die Kür setzen" lautet das Fazit des euro adhoc IR-Forums 2003
Frankfurt am Main (ots)
Das erste "euro adhoc IR-Forum" fand am gestrigen Dienstag in Frankfurt am Main statt. Auf Einladung von euro adhoc, dem Börsenservice der dpa-Tochter news aktuell, diskutierten gut 90 Investor Relations-Fachleute, Journalisten und Financial Professionals über das Thema "Finanzkommunikation im Zeichen der Neusegmentierung - Welche Wege führen aus der Krise?". Fazit der Veranstaltung in den Räumen der Verlagsgruppe Handelsblatt: Die Neusegmentierung ist nicht der Königsweg aus der Krise. Vielmehr seien besonders jetzt die Unternehmen gefordert, die Aufmerksamkeit der institutionellen Anleger durch eine verbesserte Kommunikationsstrategie zurückzugewinnen.
Außerdem wurde im Rahmen des IR-Forums die "Benchmark-Studie Ad-hoc-Publizität 2003" vorgestellt, die von euro adhoc in Auftrag gegeben worden ist. Die Studie liefert ein umfassendes Bild der Informationspolitik deutscher und österreichischer Unternehmen und gibt Auskunft darüber, welche Akzeptanz die Ad-hoc-Publizität am Finanzmarkt genießt. Als zentrale Ergebnisse stellten die Autoren Jochen Gutzy und Michael Märzheuser fest, dass die Ad-hoc-Publizität heute weiterhin einen hohen Stellenwert bei Anlageentscheidungen einnehme. Verbesserungsbedarf sieht die Studie allerdings bei der Nachbereitung von Ad-hoc-Meldungen durch die IR-Verantwortlichen. Überraschend deutlich votierten die Financial Professionals für standardisierte Pflichtmeldungen nach US-Vorbild und für eine Darstellung der wirtschaftlichen Auswirkungen der kursbeeinflussenden Tatsachen in Ad-hoc-Meldungen.
Moderator Andreas Scholz von Bloomberg TV eröffnete die Diskussion mit der Frage, wie die Kommunikationsarbeit der börsennotierten Unternehmen in Deutschland grundsätzlich zu bewerten sei. Im Vorfeld der Diskussion hatte Georg Braun vom britischen Regulatory News Service (RNS) über die Publizitätspflichten an der London Stock Exchange berichtet. Besonders in Krisenzeiten sei es die Aufgabe von Emittenten, "sich herauszuheben" und auf sich aufmerksam zu machen, forderte Roland Freund von der Wirtschaftsnachrichtenagentur dpa-AFX. Aber die "Hausaufgaben" dürften dabei nicht vernachlässigt werden. Das geschehe heute noch "zu oft", bemerkte Freund. Ähnlich argumentierte Hermann Kutzer vom Handelsblatt. Die Neusegmentierung an sich sei "eigentlich unwichtig" für die Unternehmen. Aus seiner Sicht werde zu wenig differenziert "zwischen Pflicht und Kür." Er plädierte für standardisierte Pflichtmitteilungen, die von einer erfolgreichen PR-Strategie begleitet sein müssten. "In der Kür liegt die Chance sich abzuheben", so Kutzer.
Kritisch setzte sich Otmar Winzig, Leiter Unternehmenskommunikation der Software AG, mit der oft zitierten Forderung nach mehr Transparenz am Kapitalmarkt auseinander. "Wenn Transparenz aus der Krise führt, dann müssen wir Deutsche die Meister des Verschleierns sein," so Winzig. Mehr Transparenz führe nicht aus der Krise am Aktienmarkt, sie mache die Krise "lediglich transparenter". Auch Carl-Eduard Meyer, CEO von news aktuell und verantwortlich für den Publizitätsservice euro adhoc, hinterfragte die gesetzlichen Vorgaben der Kapitalmarktkommunikation. Besonders die neue Initiative ERS (Exchange Reporting System) sei lediglich "das Verstecken von Quartalsberichten auf der Internetseite der Deutschen Börse." Mit aktiver Finanzmarktkommunikation habe das "nichts zu tun".
Markus Plümer, Leiter der Research-Abteilung bei der WestLB Panmure, bewertete die Neusegmentierung als ein grundsätzlich positives Signal. Er merkte jedoch an, die Deutsche Börse hätte dabei stärker auf "Qualitätsstandards als auf Transparenz" setzen müssen. So habe es sich die Deutsche Börse bei der Zusammensetzung der neuen Indizes "zu leicht gemacht". Auf die Lage in den Research-Abteilungen machte Thomas Hollenbach von der Landesbank Rheinland-Pfalz aufmerksam. Bei der Forderung nach mehr Transparenz müsse bedacht werden, dass dafür heute oft "die Mediatoren fehlen würden". Die Zahl der in Deutschland tätigen Analysten habe im Zuge der Krise am Aktienmarkt erheblich abgenommen.
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