BLOGPOST: Behind #Covid19: Unser Kollege Andrea über seine Familie in Italien
Bislang ist Deutschland in einer sehr privilegierten Situation. Die Corona-Pandemie breitet sich im Vergleich zu anderen Ländern langsamer aus und die Krankenhäuser sind noch nicht überlastet. Anders sieht die Lage insbesondere in Italien aus. Unser Kollege Andrea berichtet, wie es seiner Familie dort ergeht.
news aktuell: Du kommst aus Italien und ein Großteil deiner Familie lebt dort. Wie ist das aktuell für Dich? In den Medien aus Italien sind ja seit Wochen jeden Tag Schreckensnachrichten und -Bilder zu sehen.
Andrea: Es sind gemischte Gefühle. Bedingt natürlich durch die hohe Geschwindigkeit der Ausbreitung des Virus und die immer härteren Maßnahmen innerhalb so kurzer Zeit. Ich fand es besonders krass, als die "rote Zone" erstellt wurde. Seit dem 1. März kommt man in einige italienische Regionen oder Provinzen weder rein noch raus. In einer dieser Regionen lebt zum Beispiel noch die Schwester meiner Oma, und diese "Familientrennung" mit anzusehen ist schon extrem. Sie hatten seit Jahren schon das feste Ritual, sich einmal in der Woche zu treffen, und plötzlich gibt es dann Grenzen. Diese Belastung merke ich meiner Familien in Telefonaten deutlich an.
Besonders bedrückend empfinde ich die Umstände um die so genannte Sterbeglocke. Die wird vor allem in Norditalien in vielen kleinen Gemeinden nach dem Eintreten des Todes eines Gemeindemitgliedes geläutet. Es ist eine Art letzte Verabschiedung und Würdigung. Neben den Sirenen der Krankenwagen waren die läutenden Glocken irgendwann fast die einzigen Geräusche, die man noch von der Straße hörte. Kürzlich wurde das Läuten der Glocken verboten, weil es eine zu große Belastung für die ältere Generation dargestellt hat. Gleichzeitig ist es traurig, weil viele sich gar nicht mehr von ihren Liebsten verabschieden können - denn zurzeit darf zu einer Beerdigung nur ein Familienangehöriger kommen.
news aktuell: Wie fühlst du dich damit, in einer so schwierigen Zeit weit entfernt von deiner Familie zu sein?
Andrea: Für mich hat sich nicht so viel geändert. Seit der Ausgangssperre kann sowieso niemand mehr ausgehen. Das bedeutet, dass auch Familientreffen eh gerade nicht möglich wären. Ich telefoniere also einfach weiterhin viel mit meiner Familie.
news aktuell: Kannst du uns kurz schildern, wie die Situation aus dem Blickwinkel deiner Familie momentan ist? Wie ist es für sie und wie bestreiten sie ihren Alltag? Arbeiten sie noch?
Andrea: Ich habe am häufigsten Kontakt zu meinen Eltern, meiner Großmutter und meiner Schwester. Meine Mutter ist Apothekerin und arbeitet daher trotz Corona weiter. Die Apotheke, in der sie arbeitet, ist in einem Gebiet, in dem viele Senioren wohnen. Einige von ihnen sind nicht so sicher im Umgang mit den neuen Technologien und sind so von der Außenwelt förmlich abgeschnitten. Der Besuch in der Apotheke ist für sie der einzig persönliche Kontakt in dieser Zeit. Teilweise kommen täglich die gleichen Kunden, um zumindest einmal am Tag persönlichen Kontakt zu jemandem zu haben.
Meine Großmutter gehört zur Risikogruppe, weil sie 86 Jahre alt ist. Sie geht deswegen schon seit zwei Monaten gar nicht mehr aus dem Haus. Das Einkaufen erledigt meine Mutter für sie. Ich rufe meine Großmutter zwei- oder dreimal die Woche an, um zu fragen, wie es ihr geht und um einfach ein wenig mit ihr zu quatschen. Sie spricht dann auch mit meinem Sohn, also ihrem Urenkel, und dann ist sie sofort ein bisschen glücklicher. Meine Schwester ist Krankenschwester und arbeitet seit zwei Wochen auf einer Covid-19 Station. Die Situation ist echt problematisch, denn auch für das Personal fehlt es an medizinischem Schutzmaterial.
news aktuell: Hast du vielleicht einen Tipp, um die Situation mit entfernten Verwandten (die womöglich in einem Krisengebiet oder Risiko-Patienten sind) leichter zu machen?
Andrea: Ganz einfach: verbringt so viel Zeit wie möglich mit den Leuten, die ihr liebt. Fragt eure Großeltern und Eltern nach Geschichten aus ihrer Jugend, dreht Videos für sie oder bringt ihnen bei, wie Videoanrufe gehen. Vielleicht gibt es ein altes Familienrezept, was sie euch beibringen können, lustige Familiengeschichten, die es zu erzählen gibt oder Fragen, die ihr euren Großeltern schon immer mal stellen wolltet. Jetzt ist die Zeit dafür gekommen! Und viel wichtiger: Bleibt alle heil und gesund, es wird vorbeigehen.
Dieser Beitrag ist ein Original-Post aus dem news aktuell Blog:
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