NABU zieht kritische Bilanz des Vogelschutzes in Deutschland
Bonn (ots)
Mehr als 20 Jahre nach Inkrafttreten der Vogelschutzrichtlinie der Europäischen Union hat der Naturschutzbund NABU eine kritische Bilanz gezogen. "Im europäischen Vergleich nimmt die Bundesrepublik einen der letzten Plätze beim Vogelschutz ein", sagte NABU-Experte Claus Mayr auf einer Wissenschaftspressekonferenz in Bonn. Deutschland habe deutlich weniger als die Hälfte der Gebiete, die die fachlichen Kriterien der Vogelschutzrichtlinie erfüllen, offiziell als europäisches Vogelschutzgebiet nach Brüssel gemeldet. Fortschrittliche EU-Mitgliedstaaten wie etwa Dänemark oder Belgien seien da schon deutlich weiter und hätten ihre Hausaufgaben bereits fast vollständig erledigt, so der NABU-Experte.
Verantwortlich für das besonders schlechte Bild der Bundesrepublik seien die für den Naturschutz zuständigen Bundesländer, quer durch die politische Farbenlehre: Besonders weit zurück lägen bei der Ausweisung von Vogelschutzgebieten die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Im Saarland ist bislang sogar überhaupt keines der schutzwürdigen Gebiete nach Brüssel gemeldet worden. Dagegen hätten nur die Bundesländer Sachsen, Rheinland-Pfalz und Saarland sowie die Stadtataaten Bremen, Hamburg und Berlin praktisch vollständige Meldungen ihrer Vogelschutzgebiete abgegeben, so der NABU.
Dabei hinkt die offizielle Meldepraxis in Deutschland dem wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt hoffnungslos hinterher, so der NABU. Die internationale Naturschutzorganisation BirdLife International hat Ende März in Brüssel das neueste Verzeichnis über die wichtigsten Gebiet zum Schutz der europäischen Vogelarten vorgelegt. Es nennt für das Bundesgebiet etwa ein Drittel mehr schutzwürdige Flächen, sogenannte "Important Bird Areas", kurz IBAs, als der Vorgänger-Katalog aus dem Jahr 1991. Aktuell betrachten Vogelkundler in Deutschland 285 Gebiete mit gut 35.000 Quadratkilometern Fläche und somit fast zehn Prozent der Landesfläche als schutzbedürftig. "Das heißt aber keineswegs, dass Menschen hier nichts mehr zu suchen hätten. Viele Lebensräume für Vögel, wie etwa am Niederrhein, sind erst durch den Menschen und seine Landnutzung entstanden", betonte NABU-Experte Mayr. Aktuelle Konflikte ergäben sich allerdings oftmals mit geplanten Infrastrukturmaßnahmen, wie Autobahnen, ICE-Schnellbahnlinien, dem geplanten Emssperrwerk in Niedersachsen oder einer Flugzeugwerft im sogenannten "Mühlenberger Loch" in Hamburg.
Für Rückfragen: Claus Mayr, NABU-Fachreferent EU/Internationales Tel. 0228-4036-166.
Ein Hintergrundpapier ist in der NABU-Pressetelle, Tel. 0228-4036-141, abrufbar.
Im Internet: unter www.nabu.de.
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