DNR, BUND und NABU ziehen nach Verbändeanhörung Bilanz zum UVP/IVU-Gesetz
Bonn/Berlin (ots)
Der Deutsche Naturschutzring (DNR), der Naturschutzbund NABU und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) haben den Gesetzesvorschlag der Bundesregierung zur Novelle des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und zur Umsetzung der EU-Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU-Richtlinie) im Grundsatz begrüßt.
Die Umweltverbände bemängelten auf der Anhörung des Bundesumweltministeriums, dass die Umsetzung zu lange gedauert habe und die zugrundeliegenden Richtlinien in wichtigen Teilbereichen immer noch unzureichend umgesetzt würden. "Wir halten die EU-Richtlinie durch das Artikelgesetz für nicht umfassend umgesetzt und widersprechen entschieden den Spitzenverbänden der Wirtschaft, die dem Bundesumweltministerium eine 200 %ige Umsetzung der EU-Richtlinien vorwerfen," sagte die EU-Koordinatorin Anja Köhne vom DNR.
Die Umweltverbände halten die Minimallösung des sogenannten Artikelgesetzes zur Umsetzung der IVU- und UVP-Richtlinien der EU für nicht ausreichend. So ist der Schutz des Dritten (z.B. der Nachbarn einer Industrieanlage) unzureichend gewährleistet. "Effektive Durchsetzungsmöglichkeiten, wie eine Klage, fehlen teilweise um diesen Schutz auch durchsetzen zu können. Die seit Jahren zugesagte Verbandsklage für die Umweltverbände lässt bis heute auf sich warten.", sagte BUND-Experte Thomas Lenius.
Die Umweltverbände lehnen entschieden die Bestrebungen ab, das Öko-Audit als Vehikel zum Abbau von ordnungsrechtlichen Pflichten zu verwenden. "Nach den bisherigen Erfahrungen mit den Validierungen ist es nicht sichergestellt, daß geltende Umweltvorschriften tatsächlich im auditierten Betrieb eingehalten werden. Deshalb widersprechen wir dem im Artikelgesetz enthaltenen ersten Versuch eines großflächigen Rückzuges des Staates bei der Überwachung von industriellen Anlagen.", sagte NABU-Experte Ralf Seebauer
In der Vergangenheit hatte Deutschland volle fünf Jahre (bis 1990) gebraucht, um die UVP-Richtlinie der Europäischen Union aus dem Jahre 1985 in deutsches Recht umzusetzen. Die Änderung des UVP-Gesetzes aus dem Jahre 1997 hätte zum 14. März 1999 umgesetzt sein sollen. Schon das bisherige UVP-Gesetz wurde der '85-Richtlinie der EU nicht gerecht, wie das Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Oktober 1998 zeigte. Auch die Umsetzung der IVU-Richtlinie in deutsches Recht ist seit dem 30. Oktober 1999 überfällig. Die Umweltverbände kritisierten, dass die Bundesregierung die Richtlinien zögerlich umsetzt, die von ihr selbst im Rat mit beschlossen worden sind, und damit eine weitere Klage vor dem EU-Gerichtshof riskiert.
Widerstand zeigten die Wirtschaftsverbände in der Anhörung insbesondere bei der Weiterentwicklung des Standes der Technik und bei der Ressourceneffizienz. Beide Beispiele machen die Mentalität der industriellen Großverbände deutlich: innovationsängstlich, technikfortschrittsfeindlich und besitzstandswahrend. Mit dieser Einstellung von BDI und DIHT wird auch der Standort Deutschland im Bereich Umwelttechnik gefährdet.
Positive Ansätze sehen die Umweltverbände unter anderem in der Erweiterung des Kataloges der UVP-pflichtigen Vorhaben sowie in der Möglichkeit, für weitere Projekte ab bestimmten Schwellenwerten eine UVP durchzuführen, wenn dies nach Einzelfallprüfung als erforderlich angesehen wird.
Kritik übten die Verbände am Fehlen eines effektiven medienübergreifenden Ansatzes bei Genehmigungen von industriellen Anlagen: während die IVU-Richtlinie auf den integrierten Umweltschutz von Wasser, Luft und Boden sowie auf die effektive Koordination aller beteiligten Behörden abzielt, schiebt das Artikelgesetz das Problem in weiten Teilen an die Bundesländer ab. Auch kumulative Wirkungen von verschiedenen Projekten auf die Umwelt werden nach Auffassung der Umweltverbände immer noch unzureichend berücksichtigt.
Von Klaus Töpfer wurde die Einführung des Vorsorgegrundsatzes als "Königsweg der Umweltpolitik" gefeiert. Auch dies ist im neuen Entwurf nur unzureichend berücksichtigt worden. Das "Herzstück" der UVP, die Prüfung von Alternativen und der Null-Variante ist immer noch nicht besser gesetzlich verankert worden. Beispielsweise müsste geprüft werden, ob eine neue Straße überhaupt nötig ist, wenn man den Verkehr statt dessen auf die Schiene verlagern kann.
Die Umweltverbände forderten daher, die Vorgaben der EU-Richtlinien im Sinne eines vorbeugenden Umweltschutzes vollständig auszuschöpfen. "Deutschland hat sich in den letzten Jahren zu oft als Schlusslicht des Umweltschutzes in Europa präsentiert. Es wird Zeit, dass wir wieder in die umweltpolitische Oberliga aufsteigen", sagte Anja Köhne vom DNR.
Für Nachfragen:
Anja Köhne, DNR, Tel.: 0170/3202503 Ralf Seebauer, NABU, Tel.:0172 / 947 1840 Thomas Lenius, BUND; Tel.: 030/27586-426
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