NABU fordert Trendwende beim Pflanzenschutz
Berlin (ots)
Der Naturschutzbund NABU hat heute in Berlin zwei Studien zum Einsatz von Pestiziden vorgestellt und dabei auf den dringenden Reformbedarf in der deutschen Pflanzenschutzpolitik hingewiesen. "In Deutschland wird vielfach gegen gesetzliche Bestimmungen für den Umgang mit Pflanzenschutzmitteln verstoßen", sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Gerd Billen. Vor allem Überwachung und Kontrolle seien völlig unzureichend. So würden Landwirte in Deutschland regelmäßig verbotene Pflanzenschutzmittel im Internet bestellen. "Der diskrete Versandhandel mit hochgiftigen Substanzen wie Atrazin, E 605 und Lindan ist ein Skandal", so Billen.
Auch im Obstanbaugebiet "Altes Land" bei Hamburg wurden nach Recherchen des NABU entgegen der Beteuerungen des Berufsstandes regelmäßig nicht zugelassenen Präparate eingesetzt. Eine interne Rückstandsanalyse des Lebensmitteluntersuchungsamts Oldenburg zeige, dass bei der Hälfte der 124 Proben Spritzmittelreste nachgewiesen wurden. "Die Studien klären darüber auf, wie sich vermeintlich neutrale Organisationen tarnen, welche Positionen einflussreiche Lobbygruppen beziehen und wie Interessenvertreter des chemischen Pflanzenschutzes in Politik und Verwaltung agieren", sagte Claus Obermeier, Vorstand der Gregor-Louisoder-Umweltstiftung.
Angesichts unzähliger Missstände sei nach Auffassung des NABU eine Trendwende im Umgang mit Pflanzenschutzmitteln in Deutschland dringend notwendig. "Wir brauchen eine verbindliche Minimierungsstrategie, die mit konkreten Fristen, Kriterien und geeigneten Instrumenten in die bestehende Agrarpolitik eingebettet ist", so Billen. Zunächst aber müsse das Ordnungsrecht konsequent angewendet und schärfere Kontrollen durchgeführt werden, um den Pestizideinsatz zu drosseln und die Landwirtschaft umweltverträglicher zu gestalten. Als realistische Zielsetzung für eine Reduzierung empfahl Dr. Ute Meyer, Autorin einer der Studien, die eingesetzten Pestizidmengen bis zum Jahr 2008 zu halbieren. Dieses Ziel lasse sich mit der Ausweitung des ökologischen Landbaus und der Nutzung bestehender Einsparpotenziale durch integrierten Anbau erreichen. "In Zukunft müssen alternative Bekämpfungsmethoden grundsätzlich Vorrang vor der 'chemischen Keule' haben", betonte Billen.
Für Rückfragen: Florian Schöne, NABU-Agrarreferent, Tel. 0172-5966097
Die Studien "Giftspritze außer Kontrolle" und "Pflanzenschutzpolitik in Deutschland" sowie ein dazu gehöriges Hintergrundpapier sind in der NABU-Pressestelle und unter www.nabu.de erhältlich.
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