3sat: Karaganda
Stadt der Verlorenen
Sonntag, 17. März 2002,
22.45 Uhr
Mainz (ots)
"Goldene Steppe" haben die Nomaden den Landstrich genannt, der im Frühsommer ihre Herden nährte und für ein sesshaftes Leben ungeeignet erschien. So galt es jahrhundertelang, bis die Sowjetmacht eine Eisenbahn in den Norden Kasachstans baute und damit den Beweis antrat, dass der Mensch bei 50 Grad Frost und 50 Grad Hitze leben kann. 1931 wurden die ersten Siedler - deutsche Bauern von der Wolga - in der nackten Steppe ausgeladen. Sie sollten eines der größten Kohlebecken der Welt erschließen.
Karaganda war nach Alexander Solschenizyn die "größte Provinzhauptstadt des Archipel GULag". Seine Erbauer waren "Kulaken" aus Russlands Westen, die Intelligenzia von Moskau und Leningrad, missliebige Grenzvölker und ab 1942 auch Kriegsgefangene, darunter zahlreiche Deutsche. Nach Stalins Tod haben sie die Stadt entscheidend mitgeprägt. Karaganda entwickelte sich rasch, zog die Landjugend Sibiriens an, hatte etwas zu bieten: Konsumgüter, Hightech-Industrie, ein reges Kulturleben und die Nähe zum Weltraum in Baikonur. Seit dem Ende der Sowjetunion haben mehr als die Hälfte der 700.000 Einwohner Karaganda verlassen. Die meisten Schächte stehen still, das Wasser wird knapp, im Winter platzen die Heizungsrohre. Ob die Zivilisation in der Steppe überleben kann, scheint fraglich.
Ulla Lachauer war die erste westliche Journalistin, die diese Stadt porträtierte. In ihrem Film aus dem Jahr 2001 sprach sie mit Verbannten und ihren Kindern, die Karaganda zu ihrem Zuhause gemacht haben.
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