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3sat: "Otzenrather Sprung" erhält den Bayerischen Fernsehpreis 2002 / Sperrfrist 12.00 Uhr !

Mainz (ots)

Sperrfrist: Mittwoch, 15. Mai 2002, 12.00 Uhr!!!
Achtung: Mit Interview und Kurzbiografien
Autor und Regisseur Jens Schanze sowie Kameramann Börres
Weiffenbach erhalten für ihren 3sat-Dokumentarfilm "Otzenrather
Sprung" (Erstausstrahlung: 3sat, 18.11.2001; Redaktion: Margrit
Schreiber) eine der bedeutendsten Auszeichnungen für
Fernsehschaffende in Deutschland - den Bayerischen Fernsehpreis - Der
Blaue Panther. Dies gaben Staatsminister Erwin Huber und der
Vorsitzende der Jury, Professor Helmut Oeller, am Mittwoch, 15. Mai,
bei einer Pressekonferenz in München bekannt. Aus rund 300
Vorschlägen wählte die Jury zwölf Einzelpreise, einen Sonderpreis und
einen Ehrenpreis, mit dem sie insgesamt 24 Preisträger auszeichnete.
Ministerpräsident Edmund Stoiber übergibt die Auszeichnungen am
Freitag, 17. Mai, um 19.00 Uhr bei einer Gala im Münchener
Prinzregententheater. Insgesamt ist der Preis mit 200.000 Euro
dotiert. Er wird seit 1989 verliehen. Die Jury würdigte am
"Otzenrather Sprung" besonders, dass die Filmemacher die Nähe zu den
Menschen gesucht hätten, die durch dieses Projekt ihre Heimat
verloren haben. "Mit Gespür für das Wesentliche lassen sie diesen
Menschen Zeit, die Schwierigkeiten zu artikulieren, die Umsiedelung
und Neuorientierung bedeuten. Archaisch schöne Schwarz-Weiß-Bilder
illustrieren die Aussagen der Betroffenen, die allein die Geschichte
eines über Jahre geplanten Projektes erzählen."
"Otzenrather Sprung" beschreibt in ausgesuchten Schwarzweißbildern
die Landschaft und die Menschen, die dem Braunkohleprojekt Garzweiler
II weichen müssen. Jens Schanze begleitet die Einwohner dreier Dörfer
während ihres letzten Jahres in der alten Heimat und dokumentiert,
wie eine ganze Region auf die kollektive Umsiedlung vorbereitet wird.
Das von der nordrhein-westfälischen Landesregierung 1998 beschlossene
Großprojekt sieht vor, auf einem Areal von rund 50 Quadratkilometern
die Erdoberfläche bis zu 210 Metern Tiefe abzutragen. 13 Ortschaften
mit rund 8.000 Einwohnern müssen weichen, ebenso ein
Naturschutzgebiet. Der Abbau der Kohle wird erst im Jahr 2050
abgeschlossen sein. Weitere 50 Jahre werden für die vollständige
Rekultivierung der Fläche benötigt. Zum Schluss - etwa im Jahr 2100 -
wird ein so genannter Restsee von der Größe des Chiemsees übrig
bleiben.
Die im Mai 1999 begonnene Langzeitbeobachtung entstand als
3sat-Koproduktion mit der Hochschule für Fernsehen und Film München
und ist Jens Schanzes erster langer Dokumentarfilm: "Man müsste etwa
alle fünf Jahre einen Film drehen. Den Erfahrungen früherer Umsiedler
zufolge ist ein solcher Eingriff in Familien nur über die Dauer von
ein oder zwei Generationen zu verarbeiten", erläutert Jens Schanze
sein Langzeitprojekt.
Jens Schanze und Börres Weiffenbach erhielten in diesem Jahr für
"Otzenrather Sprung" bereits einen Adolf-Grimme-Preis. Auf dem gerade
zu Ende gegangenen Internationalen Dokumentarfilmfestival München
erhielt der Film ferner den "Förderpreis Dokumentarfilm des
FilmFernsehFonds Bayern" und beim Internationalen
Dokumentarfilmfestival "Sehsüchte", Potsdam, den "Preis für den
besten Dokumentarfilm".
Pressestimmen:
"Die ganz normale Provinz, im deutschen Fernsehen fast exotischer
als afghanische Höhlen, wird hier mit einer verblüffenden Mischung
aus Respekt und Direktheit gezeigt." (epd medien, 28. November 2001)
"Schwarzbraun wie die Kohle ist die Grundfarbe des Films, Ohnmacht
und Wehmut sind seine Grundtöne." (Rheinische Post, 17. November
2001)
"Aber der Film zeigt mehr als den Umzug ins Neue, Moderne,
Saubere. Mit fast lyrischer Melancholie macht er die schwerblütige
Bodenhaftung von Menschen greifbar, die sich ‚Heimat' erarbeitet
haben." (Abendzeitung, München, 24. November 2001)
"Das Schöne an Jens Schanzes Doku "Otzenrather Sprung" ist die
Freiheit, die er dem Zuschauer lässt ... Einen Kommentar braucht es
nicht. Die Bilder sprechen für sich." (Süddeutsche Zeitung, 17.
November 2001)
Jens Schanze: "Ich möchte mich selbst und andere ermutigen,
unbefriedigende Lebensumstände zu verändern - für sich selbst und für
die Gesellschaft!"
Ein Interview mit dem vielfach ausgezeichneten Nachwuchstalent
Herr Schanze, ausgerechnet mit ihrem ersten langen Dokumentarfilm,
"Otzenrather Sprung", wagen Sie sich an ein sehr brisantes Thema, das
Menschen und Politik in Nordrhein-Westfalen spaltet, lange Zeit die
Bildung einer Landesregierung erschwerte und schließlich beinahe die
rot-grüne Koalition des Landes zum Platzen gebracht hätte: Verstehen
Sie als 30-Jähriger, der eben in den Beruf startet, Ihr filmisches
Schaffen als Medium für politisches Engagement?
"Indirekt auf jeden Fall. Politik hat ja eigentlich zum Ziel, das
Miteinander von vielen verschiedenen Menschen so zu organisieren,
dass alle letztlich ein glückliches Leben in absoluter Freiheit
führen können. Wenn ich Menschen begegne und mich nach ihrer
Lebenssituation und nach ihrem Lebensgefühl erkundige, dann hat das
automatisch eine politische Dimension. Die Antwort ist immer auch
eine Aussage darüber, ob eine Gesellschaft die ‚Kunst der
Staatsverwaltung' erfolgreich, das heißt zum Wohl des einzelnen
Menschen, praktiziert."
Im Falle Garzweiler II kann es fast nur zwei Haltungen gebe:
Befürworter und Gegner. Wenn Sie beiden Seiten in ihrem Film Raum
geben, polarisiert das doch, es verschärft möglicherweise den
Konflikt. Geraten Sie da nicht zusätzlich in Gefahr, für die eine
oder die andere Seite Position zu beziehen, gar aufzuwiegeln?
"Position zu beziehen, halte ich nicht für eine Gefahr. Im
Gegenteil, ich finde es sogar notwendig, dass die Haltung des Autors
erkennbar wird. Die Frage ist ja lediglich, ob man die Person, die
eine andere Ansicht vertritt, respektiert und ihr eine gleichwertige
Möglichkeit gibt, ihre Position im Film zu vertreten. Das geht nur,
wenn man sich bemüht, kein Urteil zu fällen. ‚Otzenrather Sprung'
würde sicherlich als Film nicht funktionieren, wenn die Vertreter der
Rheinbraun AG nicht vorkommen würden, oder wir ihnen mit der
Einstellung begegnet wären ‚Euch glauben wir sowieso kein Wort'."
Das Projekt Garzweiler II soll erst in rund 50 Jahren
abgeschlossen sein. Wie lange werden Sie Ihr Projekt "Otzenrather
Sprung" verfolgen?
"Um die Auswirkungen der Umsiedlung auch nur ansatzweise
dokumentieren zu können, müsste man anfangs etwa alle fünf Jahre
einen Film drehen, später vielleicht mit größerem Abstand. Den
Erfahrungen von Umsiedlern zufolge, die bereits in den sechziger oder
siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts umgesiedelt wurden, ist
ein derartiger Eingriff in die Geschichte von Familien nur über die
Dauer von mindestens ein oder zwei Generationen zu verarbeiten."
Wann würden Sie als junger Filmer Ihre Arbeit als erfolgreich
bezeichnen, was möchten Sie in 50 Jahren über Ihre Tätigkeit sagen
können?
"Eigentlich soll meine Arbeit eine Ermutigung und eine
Aufforderung sein - für mich selbst und für andere. Eine Ermutigung,
sich nicht abzufinden mit Zuständen oder Lebensumständen, unter denen
man leidet. Eine Aufforderung, das Bewusstsein zu entwickeln, dass
das Glück des einzelnen und das Glück der Gesellschaft nicht zwei
verschiedene Dinge sind und dass jeder Mensch für die Realisierung
dieses Glücks selbst die Verantwortung trägt."
Jens Schanze, 1971 in Bonn geboren, studierte zunächst an der
Ludwig-Maximilian-Universität, München, Forstwissenschaften, bevor er
Regieassistent und Aufnahmeleiter beim Bayerischen Rundfunk wurde.
Seit 1995 studiert Schanze an der HFF München das Fach
Dokumentarfilm. Neben einigen Kurzfilmen entstanden dort die Filme
"Das Kaufhaus" und "Gespräch mit dem Kameramann Plenert".
"Otzenrather Sprung" ist sein erster langer Dokumentarfilm.
Börres Weiffenbach, 1969 in Berlin geboren, studierte von 1991 bis
1995 Geschichte und Politologie an der Freien Universität Berlin.
Daran schloss er ein Studium der Klassischen Archäologie,
Politikwissenschaften und Soziologie an der Humboldt-Universität,
Berlin, an. 1996 wechselte er an die Babelsberger Hochschule für Film
und Fernsehen "Konrad Wolff" zum Studium der Film- und Fernsehkamera.
Zu seinen filmischen Werken gehören unter anderem "Teltow Blues"
(2000) und der Animationsfilm "Größenwahn" (2002).
Presse und Öffentlichkeitsarbeit 3sat
Peter Bernhard (06131 - 706261)

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