PHOENIX-PROGRAMMHINWEIS - THEMA: Sinti und Roma, Freitag, 9. Mai 2008, ab 20.15 Uhr
Bonn (ots)
In einem Themenabend beschäftigt sich PHOENIX mit den Sinti und Roma und ihrer leidvollen Geschichte in Deutschland und Europa. Es sind Geschichten von Ausgrenzung, Vertreibung, Deportation und Vernichtung. In vier Dokumentationen und Reportagen zeichnet PHOENIX die Geschichte des "fahrenden Volkes" seit dem Zweiten Weltkrieg nach. Im Dritten Reich wurde fast die gesamte deutsche Roma-Bevölkerung deportiert und ermordet. Von ehemals 30.000 überlebten nur 7.000 Roma die Verbrechen der Nazi-Diktatur in Deutschland. Im sozialistischen System der DDR wurden sie als "Gefährdung der öffentlich Ordnung" verurteilt und waren gesellschaftlich ausgegrenzt. Der Themenabend blickt aber nicht nur in die Vergangenheit sondern wirft auch einen Blick auf Sinti und Roma in der heutigen Gesellschaft, in Frankreich und bei den "Lautari", den Musikern unter den Zigeunern, in Rumänien.
20.15 Uhr "Wir haben doch nichts getan ..." Der Völkermord an den Sinti und Roma
1933 lebten in Deutschland fast 30.000 Sinti und Roma. Bis zum Juli 1944 wurden 23.000 von ihnen auf Befehl Heinrich Himmlers nach Auschwitz-Birkenau verschleppt und ermordet. Die Dokumentation gibt diesen Opfern ein Gesicht. Sie zeichnet die Leidenswege von sechs Überlebenden nach.
Erschütternde O-Töne belegen die Gräueltaten der NS-Zeit. So beschreibt die Auschwitz-Überlebende Lily van Angeren ihr Lebensgefühl nach dem Krieg. "Wie ich mein erstes Kind hatte, hatte ich einfach Angst, es festzuhalten, ja, es an mich zu drücken; denn ich dachte, alles, was ich anpacke, das geht tot. Denn alles, was man in seinen Händen...., was man geliebt hat, und alles, was einem teuer war, das wurde weggenommen, das war nicht mehr da." Bis auf ihren Vater und eine Schwester hatte niemand aus der Familie die Vernichtungslager überlebt. Neben Lily van Angeren kommen Mano und Hugo Höllenreiner zu Wort, die zehn Jahre alt waren, als sie deportiert wurden und in Auschwitz erfahren mussten, welche Folgen die Experimente des Lagerarztes Josef Mengele hatten. Hildegard Franz, deren Mann und drei Kinder in Auschwitz ermordet wurden; Helene Winterstein, die mit ihrer Familie nach Polen deportiert und dort Zwangsarbeit leisten musste sowie Josef "Muscha" Müller, der in einer Pflegefamilie aufwuchs und nicht ahnte, dass seine leiblichen Eltern Sinti waren, berichten über ihr Schicksal.
Film von Gabriele Trost (SWR, 2007)
21.00 Uhr Djangos Lied Eine Sinti-Jugend in Deutschland
Rassismus im Umgang mit Sinti und Roma war zwar zu DDR-Zeiten nicht staatlich verordnet, trug sich aber über Generationen fort. Der Film erzählt die Geschichte von Familie Lauenberger, einer Sinti-Familie in Deutschland, und blickt zurück in die Zeit des NS-Regimes.
"Wenn ihr Sprengstoff mitbringt, komme ich auch nach Thüringen!", sagt Janko und will damit wohl seine Unsicherheit überspielen. Vor 20 Jahren, am 18. November 1987, verfügte ein DDR-Jugendhilfeausschuss die Einlieferung des Jungen ins Spezialkinderheim nach Bad Langensalza. Isolationsstrategie zur Umerziehung, hieß es in der Begründung. Damals war Janko Lauenberger, der Sinti-Junge, 11 Jahre alt. "Saujude, Türke, Zigeuner, Kameltreiber, Kanake" - so beschimpften ihn Mitschüler in Berlin, Hauptstadt der DDR. Einer nahm Janko in den Schwitzkasten, zog ihn zum Wasserhahn und sagte: "Soll ich dir zeigen, wie damals Zigeuner vergast wurden?" Spätsommer 2007: Janko fährt noch einmal an den Ort der Demütigung, ins damalige Heim für Schwererziehbare. Ihm ist es unangenehm, wenn er darüber spricht, doch er redet. Auch vom Opa, der als Einziger das KZ überlebt hat. Jankos Eltern, Lotte und Hans Lauenberger, wollten den Sohn Django nennen - aber diesen Vornamen gab es in der DDR nicht. Also taufte ihn Pfarrer Leu von der Evangelischen Verheißungskirchengemeinde auf den Namen Janko. Pfarrer Leu hat viele aus der Sippe der Lauenbergers getauft. Er kennt die Sinti und Roma, er kennt ihre Geschichte und ihre Geschichten. Auch aus DDR-Zeiten. Im Sozialismus waren Sinti und Roma "Zigeuner", viele wurden nach dem so genannten Asi-Paragraphen - §249 "Gefährdung der öffentlichen Ordnung" - verurteilt. Der abfällige Spruch "wie die Zigeuner" war allgegenwärtig - auch in der DDR. Pfarrer Leu berichtet davon, dass deutsche Christen zugeschaut haben, als Tausende Sinti und Roma deportiert wurden und zu Tode kamen. Im Herbst 2007 hat sich die Großfamilie, die "Sippe", im Garten der Kirchengemeinde in Neuenhagen getroffen.
Film von Kuno Richter und Tom Franke (MDR, 2008)
21.45 Uhr Meine Seele bleibt auf Reisen Eine Zigeunerfamilie in Frankreich
Die Zigeuner Frankreichs werden sesshaft - nur noch drei Prozent von ihnen sind immer unterwegs. Der Film besucht Lucien Violet und seine Familie in einem Wohncontainer in der westfranzösichen Charente.
Das fahrende Volk wird immer häufiger vertrieben oder vor den Städten gestoppt. Nur einmal im Jahr, in Lourdes, bei der großen Marienwallfahrt, ist alles wieder so wie früher. Ihr Zuhause ist immer noch der Wohnwagen. Dabei besitzt Lucien Violet seit Jahren ein Grundstück in der westfranzösischen Charente. Darauf steht sogar ein Wohncontainer, doch heimisch wird Lucien mit seiner Familie darin nicht. Das Zigeunerherz hängt einfach am Caravan, erklärt er, im Container wird nur gekocht. Früher waren sie ständig auf Achse, heute nur noch selten.
Film von Marion von Haaren (WDR, 2005)
22.15 Uhr Lautari - Virtuosen der Straße
Von der Geschichte der Zigeunermusik gibt es weder Aufzeichnungen noch gibt es Noten. Historische Überlieferungen wurden nur mündlich von Generation zu Generation weitergegeben. Musik war und ist für die Zigans, die Angehörigen der Roma in Rumänien, schon immer eine Chance gewesen, der Armut und den harten Lebensumständen zu entfliehen. Ludwig Ott begibt sich in seiner Dokumentation im heutigen Rumänien auf die Suche nach den "Lautari", wie die Kaste der Zigeunermusiker in der Sprache der Roma genannt wird.
Film von Ludwig Ott (BR, 2006)
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