PHOENIX-Programmhinweis für Freitag, 14. April 2000
Köln (ots)
18.30 Uhr Hitlers Helfer 12-teilige Reihe. 9. Teil: Roland Freisler - Der Hinrichter
Selten ist ein Mensch so symbolisch an der Stätte seiner Untaten gerichtet worden wie Roland Freisler. Ein Bombensplitter tötete den Hinrichter bei dem Versuch, den Luftschutzkeller zu erreichen. Einen Tag nachdem er seine letzten Todesurteile gefällt hat, einen Tag bevor er seine nächsten ausgesprochen hätte, traf die Gerechtigkeit den furchtbaren Juristen selbst. Freisler starb vor dem Ende der Gewaltherrschaft, die er mit richterlichem Terror stützte. Recht war, was der Herrschaft Hitlers nützte. In der virtuosen Handhabung des Unrechts war er Meister. Der Großinquisitor des Dritten Reiches wollte den, der vor ihm stand, nicht nur vernichten - er wollte auch seine Würde zerstören.
Nie war es ihm gelungen, das Wohlwollen des heißgeliebten Führers zu erringen. Weil der Diktator ihm schier grenzenlose Macht verschaffte über Leben und Tod, dachte Freisler, Hitler habe ihn zu etwas Besonderem ausgewählt. Doch Hitler nutzte Freisler nur als willfähriges Werkzeug. Der Kriegsherr brauchte Ruhe an der Heimatfront - Friedhofsruhe, für die Freisler sorgte. Freislers Tragik war, dass er das heißersehnte Lob des Führers nie bekam. Als Busenfreund Goebbels 1942 vorschlug, Freisler zum Justizminister zu machen, kam von Hitler die abschlägige Antwort: "Der alte Bolschewik? Nein!"
Tatsächlich war er nach dem Ersten Weltkrieg als Kriegsgefangener der Sowjets Lager-Kommissar gewesen, "Bolschewismus" war das nicht, jedoch ein Trauma, gegen das der "nationalgesinnte" Blutrichter zeitlebens ankämpfte. Freisler wollte zeigen, dass er doch der treueste Gefolgsmann Hitlers war.
Die Dokumentation zeigt erstmals unbekannte Originalausschnitte aus Wochenschau-Berichten, die damals nicht gezeigt werden durften, sie stützt sich auf Interviews mit Zeitzeugen, die Freislers Lebensweg begleitet haben und auf Gespräche mit Angeklagten, die das Wüten des Hinrichters überlebten.
Dokumentation von Guido Knopp, Sebastian Dehnhardt und Henry Köhler
19.15 Uhr Die Ostfront 3-teilige Reihe. 3. Teil: "Sieg oder Sibirien"
"Die Zukunft war eine finstere, dunkle Wand, hinter die ich nicht blicken konnte. Ich glaubte ungefähr das, was auf den Waggons stand: "Sieg oder Sibirien". Sieg war aber nicht mehr in Sicht. Aber ich wollte unbedingt überleben, um zu sehen, wie es sein wird." Der junge Gefreite Dieter Wellershoff - heute ein bekannter Schriftsteller - muss im vorletzten Kriegsjahr an die Front, "die keine mehr war."
Der Rückzug aus Russland ist mit unermesslichen Strapazen verbunden: kaum Verpflegung, kein Brennstoff, keine Munition. Dazu die wachsende Übermacht der Roten Armee, deren Kämpfer von den deutschen Soldaten als tapfer und leidensfähig beschrieben werden.
Die Verluste der Wehrmacht sind maßlos. Bei manchen Einheiten beträgt die "durchschnittliche Verweildauer" der Zugführer an der Front gerade mal zehn Tage. Alle wollen überleben, doch dies ist zum Lotteriespiel geworden. Viele kämpfen buchstäblich bis zur letzten Patrone, die Angst vor der russischen Kriegsgefangenschaft ist ungeheuer groß. Manche versuchen, durch Flucht ihre nackte Haut zu retten, werden ohne gültigen "Marschbefehl" an Sammelstellen von der Feldgendarmerie aufgegriffen und später als Deserteure standrechtlich erschossen. Die Rückzugsgeneration, auch Tausende junger Soldaten der Jahrgänge ab 1926, wird an der Front "verheizt". In den letzten anderthalb Kriegsjahren fallen weit mehr Soldaten als im ganzen Krieg zuvor.
Der zunehmenden Brutalisierung fallen ganze Landstriche zum Opfer: "Auf dem Rückzug, das waren heillose Fluchten, wurde alles in Brand gesteckt. Das Getreide, Häuser, alles sollte zu "verbrannter Erde" werden. Den Russen wollte man über den Winter die Möglichkeit nehmen, sich zu ernähren. Eisenbahngleise wurden aufgerissen, alles wurde gesprengt, die Zivilbevölkerung zum Teil evakuiert. Es war ein schrecklicher Anblick."
Einige Soldaten zweifeln an der Führung und am Sinn des ganzen Unternehmens. Ihr Fazit ist niederschmetternd: "Wofür haben wir versucht, die Front zu halten? Dafür, dass hinter unserem Rücken Hunderttausende deportiert wurden, noch schlimmer, dass sechs Millionen Juden in Konzentrationslagern umgebracht wurden? Und da habe ich mitgetan. Und das ist das, womit ich bis heute nicht fertig werde."
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