PHOENIX Programmhinweis
Freitag, 2. März 2001
Bonn (ots)
PHOENIX-Thema 14.00 Uhr Zum 70. Geburtstag von Michail Gorbatschow Moskau, 11. März 1985 - Der Niedergang des sowjetischen Imperiums. (Aus der Reihe "20 Tage im 20 Jahrhundert")
In einer Situation, in der die Weltmacht Sowjetunion taumelt zwischen Größenwahn und Niedergang, ökonomischer Ohnmacht, gesellschaftlicher Stagnation und demonstrativer politischer Stärke, erklimmt der 54jährige Michail Gorbatschow die höchste Stufe der Macht. Am 11. März 1985 wird er Generalsekretär de KPdSU. Es ist, was damals noch niemand ahnt, der Tag, an dem das politische Koordinatensystem der Welt zu wanken beginnt.
Gorbatschow glaubt an die Reformierbarkeit des erstarrten sowjetischen Systems und wird ungewollt zu dessen Totengräber. Mit "Glasnost" und "Perestroika" und der Null-Lösung im atomaren Wettrüsten leitet er eine dramatische Wende in der Innen- und Außenpolitik seines Landes ein, an dessen Ende 1991 die Auflösung der Sowjetunion stehen wird. Vier Jahre nach seinem Machtantritt ist der jahrzehntelange Wettlauf der Systeme bereits entschieden, der realexistierende Sozialismus ist sichtbar gescheitert - in der Sowjetunion und in den Staaten des Warschauer Pakts.
Eduard Schewardnadse, heute Präsident von Georgien, war 1985 der wichtigste sowjetische Politiker neben Gorbatschow. Er war es, der den endgültigen Zusammenbruch des Sowjetsystems öffentlich prophezeite und die Regierung verließ. Schewardnadse berichtet in diesem Film von seinen Ahnungen und Hoffnungen, die Gorbatschows Machtantritt begleiteten. Und Michail Gorbatschow erzählt uns aus sehr privater Sicht, wie er selbst den 11. März 1985 erlebte.
Film von Inga Wolfram
Porträt 18.30 Uhr Rebell im Exil Alexander Solschenizyn - Chronist der sowjetischen Tragödie
Die Tragödie Russlands im 20. Jahrhundert war sein Thema und sein Schicksal. Der Schriftsteller Alexander Solschenizyn war Soldat, Lagerhäftling, Rebell, Verbannter, Prophet - und blieb immer ein Kritiker der herrschenden Verhältnisse.
Eine abfällige Bemerkung über Stalin brachte ihn von der Kriegsfront weg in diverse Straflager. Nach der Verbannung gewährte ihm Chruschtschows Tauwetter einen kurzen Frühling: das anti-stalinistische Meisterwerk "Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch" durfte erscheinen und wurde zur politischen Sensation. Doch seine Schilderung der Sowjetmisere brachte Solschenizyn den Hass der Parteiapparatschiks ein. Den Literatur-Nobelpreis durfte er 1970 nicht selbst entgegen nehmen. Mit dem "Archipel Gulag" gelang ihm die Darstellung des sowjetischen Lagerterrors. Zugleich machte er sich damit zum Aussätzigen. Er wurde verhaftet, ausgebürgert, abgeschoben. Er verließ Europa und führte ein abgeschottetes Exilantendasein im US-Bundesstaat Vermont.
Dennoch war er weit mehr als ein kleiner Stachel im Fleische der Parteibonzen. Sein "Archipel Gulag" sorgte im Westen für eine radikale Abwendung vom Sowjetkommunismus. Am Zusammenbruch der Sowjetunion hatte Solschenizyn unbestreitbar Anteil. Gleichzeitig sah er damit sein literarisches Lebensthema beendet. Für ihn das Zeichen zur Rückkehr in die Heimat, nach 20 Jahren Exil. Als Triumphator und Hoffnungsträger trat er seinen Weg an. Doch in seinen pompösen Auftritten zeigte er sich mehr als rückwärtsgewandter Prediger - als Symbolfigur des vergangenen Sowjetjahrhunderts.
Film von Raimund Kusserow (2000)
Zeitgeschichte 19.15 Uhr Zwangsarbeiter Für eine Liebe so bestraft...Deutsche Frauen und Zwangsarbeiter
Es waren Tausende - genaue Zahlen sind bisher nicht bekannt: Deutsche Frauen, die während des Nationalsozialismus wegen ihrer Liebe zu Zwangsarbeitern oder Kriegsgefangenen oft Jahre hinter den Mauern der Gefängnisse und Konzentrationslager verschwanden. Manche Frauen wurden bestraft für ein angebliches Verhältnis, das ihnen angedichtet wurde, allein um ihnen zu schaden. Die Denunzianten waren Nachbarn, Verwandte, "Freunde".
Bei den Nazis hieß dieses Verbrechen "Verbotener Umgang". In den späten Kriegsjahren ein Massendelikt. Wenn der Feind zum Freund, ja zum Geliebten wurde, zog man auch diesen zur Rechenschaft. Haft oder im schlimmsten Fall Erhängen im Beisein von Hunderten anderer Zwangsarbeiter - zur "Abschreckung". Nach dem Krieg wurden die Frauen erneut bestraft: Das kollektive Gedächtnis funktioniert in den kleinen Dörfern bis heute, die Frauen wurden gemieden und von den Behörden gedemütigt, indem man ihnen die Anerkennung als politische Häftlinge und jegliche Haftentschädigung verweigerte.
Zum Beispiel Anna S.: Sie lernte bei der Arbeit in den Molkerei den russischen Zwangsarbeiter Wassily kennen. Heimlich trafen sie sich am Abend, wenn die Bewacher, die Wassily vom Bauernhof, auf dem er Sklavenarbeit tat, zum Gefangenenlager brachten, nicht so genau aufpassten. Anna wurde schwanger, verschwieg aber, wer der Vater ihres Kindes war. Doch irgend jemand zeigte sie an. Bei einer Gegenüberstellung wurde sie gezwungen, Wassily zu verraten. Ein Trauma, das sie nie verwand. Er blieb ihre einzige große Liebe .... bis heute.
Die Frauen haben über 50 Jahre lang versucht zu vergessen, zu verdrängen, sie haben geschwiegen. Autorin Gisela Fehse ist es gelungen, einige dieser Frauen zu ermutigen, ihre Geschichten zu erzählen - Geschichten, die anrühren, die erschrecken.
Film von Erika Fehse (2000) fotos über www.ard-foto.de
Highlights zur Geschichte und Zeitgeschichte 20.15 Uhr Gloria und Größenwahn Mythos Preußen
Gibt es irgend einen Grund, sich mit Preußen zu befassen, nachdem dieser Staat von der Landkarte verschwunden ist? Sollte man dieses Preußen, das vor mehr als einem halben Jahrhundert "als Träger des Militarismus und der Reaktion" aufgelöst wurde, nicht endlich ruhen lassen?
Das Jahr 2001 wird im wieder vereinigten Deutschland als "Preußenjahr" begangen: Vor dreihundert Jahren, am 18. Januar 1701, krönte sich der brandenburgische Kurfürst in Königsberg selbst zum "König von Preußen" - Anlass für Fragen an Preußens Geschichte, seine Tugenden und Irrwege. Anlass auch für unbequeme Fragen an die Gegenwart, an Geschichtsbewusstsein, Verhältnis zur politischen Moral, Fähigkeit zu Toleranz, Reform und Rechtsstaat.
Die Sendung beschwört Bilder aus Preußens Geschichte herauf und sucht nach ihren Spuren in der Gegenwart. Preußen - geopfert von denen, die seine Ideale verraten haben? Verurteilt zum Untergang von denen, die voller Größenwahn jedes Maß verloren haben?
In kurzen Statements kommen Menschen zu Wort, für die Preußen eine Antwort wert ist: u.a. Freya von Moltke, Hans Georg von der Marwitz, Julius Schoeps, Gregor Gysi, Manfred Stolpe und Wolf Jobst Siedler.
Film von Ingo Hermann und Jens-Peter Behrend (2001)
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