Jürgen Rüttgers: "Politik ist das Bohrern dicker Bretter, manchmal auch mit Leuten, die das Brett vorm Kopf haben."
Bonn - (ots)
"Das derzeitige Bildungssystem ist eine Lebenslüge, das gilt für alle Parteien", erklärte der Chef der CDU in NRW, Jürgen Rüttgers, heute bei PHOENIX.
In einer "alternden Gesellschaft" müssen mehr Menschen studieren und einen Abschluss machen. "Nach 30 Jahren stellt man fest, diejenigen, für die man es gemacht hat, sind nach wie vor zu kurz gekommen", sagte Rüttgers. Die Reaktion der Bildungsministerin auf die Ergebnisse der PISA-Studie sei "erbärmlich". Er kritisiert das "Kartell" der Bildungspolitiker, die jahrelang um einen Konsens für eine Studie gerungen hätten. Diese hätten die Kontrolle "nur verhindern wollen". Laut Rüttgers ist es Ziel der CDU-Politik, selbständige Schulen mit eigenständigen Profilen zu entwickeln. Dabei sei der Wettbewerb zwischen den Bundesländern gewünscht. "In der Wissensgesellschaft werden Lebenschancen über Bildung verteilt. Wer heute keine vernünftige Ausbildung bekommt, ist morgen arbeitslos", erklärte Rüttgers bei PHOENIX.
Zum Thema Arbeitslosigkeit gab der nordrhein-westfälische CDU-Chef zu: "Damit sind wir in unserer Regierungszeit auch nicht fertig geworden." Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen seien beispielsweise gescheiterte sozial-demokratische Versuche zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit. Eine Stärkung des Niedriglohnsektors sei laut Rüttgers vielmehr dazu geeignet, die Schattenwirtschaft zu verringern und Arbeitslose in ordentliche Beschäftigungs-verhältnisse zu bringen. Der anstehende Bundestagswahlkampf werde "ein Kampf um die Mitte", daher empfehle er der CDU vor allem eine schlaue Mittelstandspolitik. Bei der Landtagswahl im Jahr 2005 wolle Rüttgers für das Amt des Ministerpräsidenten kandidieren. Auf Landesebene könne er sich in NRW auch eine schwarz-grüne Koalition vorstellen. Außerdem erklärte Rüttgers: "Ich bleibe in Düsseldorf. Die Menschen haben es verdient, dass in NRW endlich wieder gute Politik gemacht wird." Rüttgers will zur inneren Erneuerung der CDU beitragen und die basisdemokratischen Elemente stärken. Er sagte bei PHOENIX: "Ich trete dafür ein, das Delegiertensystem abzuschaffen, wo immer man das kann." Bei der Frage der Kanzlerkandidatur in der Union sei das vorgesehene Verfahren jedoch das richtige. Im Interview mit Gaby Dietzen erklärte er: "Die CDU profitiert von diesem Verfahren."
Die Zuwanderungsdiskussion ist laut Rüttgers vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung zu betrachten. Das zentrale Problem beim Zuwanderungsentwurf der Bundesregierung sei die Integration. Hier gab Rüttgers ebenfalls Versäumnisse der Kohl-Regierung zu, er sagte: "Auch wir haben 30 Jahre lang keine kontinuierliche Integration betrieben." Im Gegensatz zu zahlreichen anderen CDU-Politikern äußerte sich der stellvertretende CDU-Vorsitzende zuversichtlich, mit Schily noch zu einer Einigung zu kommen.
Das 45-minütige Interview wird heute um 21.00 Uhr bei PHOENIX ausgestrahlt.
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