Shimon Stein: Berichte jüdischer Studenten sind besorgniserregend
Berlin/Bonn (ots)
Der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Shimon Stein, sieht vielschichtige Gründe für die propalästinensischen Proteste an US-Universitäten und wenig Hoffnung auf ein schnelles Ende. Bei phoenix sagte Stein: "Es sind einige dabei, die die authentischen Bilder aus Gaza gucken und auch wirklich dagegen protestieren. Dazu kommt die progressive Meinung an den Universitäten, die Israel als Kolonialstaat sieht. Die blicken aus dem Blickwinkel der langjährigen Unterdrückung von Weißen gegenüber Schwarzen, sprich Israel als weißer Staat und die Palästinenser als die Unterdrückten." Er sehe nicht, so Stein, "wie man das beenden kann". "Weitgehend beruhigen wird es sich, wenn die Lage sich bei uns beruhigt, aber so weit sind wir nicht", so der ehemalige israelische Diplomat. Die Berichte, die man von jüdischen Studenten, etwa aus New York, höre, seien "besorgniserregend". Zu den Protesten über israelische Politik kämen unterschwellig auch antizionistische Proteste hinzu, beziehungsweise solche Stimmen, die überhaupt die Legitimation des Staates Israel infrage stellten und auch antisemitische Parolen. "Insofern gibt es schon Anlass zur Beunruhigung", so Stein.
Verständnis habe er für all diejenigen, die ohne Gewalt für eine Sache demonstrierten, doch bei den propalästinensischen Demonstrationen, auch in Deutschland, komme es häufig zu Grenzüberschreitungen. "Das was wir in Berlin und anderswo sehen, sind manchmal Demonstrationen, die sich ja nicht mehr rein gegen das, was sich momentan in Gaza abspielt richten, sondern das zum Anlass nehmen, um sich versteckt antijüdisch, antisemitisch zu äußern und das mündet auch in Gewalt, insofern Verständnis kann man dafür gar nicht haben", sagte der ehemalige israelische Botschafter.
Die Stimmung in Israel gegenüber der Politik der Regierung Netanyahu sieht Stein als gespalten an. "Sie hören manche, die sagen, wir müssen weiter den Druck verstärken, damit wir am Ende unsere Ziele erreichen können. Dann gibt es andere - zu denen auch ich gehöre - die der Auffassung sind, dass die höchste Priorität die Freilassung der Geiseln ist - deswegen müssen wir bedauerlicherweise auch Zugeständnisse machen", sagte Shimon Stein. Hinzu komme die Rolle des Ministerpräsidenten. "Sie haben einen Ministerpräsidenten, der keine klare Strategie hat, der uns in eine Sackgasse manövriert hat." Netanyahu oberstes Ziel sei das politische Überleben, das dieser über die Interessen des Staates stelle. "Insofern sehen Sie ein ganz differenziertes Bild", sagte der ehemalige Diplomat.
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