Berliner Stadträtin warnt bei stern TV vor Folgen durch Hartz-IV-Urteil: "Wir kommen damit nicht zurecht "
Köln (ots)
"Wenn wir so massive Zuzüge haben, wenn wir eine Überbelegung in Häusern haben, wenn von 400 Kindern an einer Schule 100 rumänische Kinder sind, die kein Deutsch sprechen, dann verändert das einen Stadtteil. Das bedeutet, dass wir Anstrengungen aufbringen müssen, die enorm sind. Da brauchen die Städte Unterstützung", sagt Dr. Franziska Giffey bei stern TV.
Die Bezirksstadträtin aus Berlin-Neukölln kümmert sich täglich um die Integration von Ausländern im Stadtteil. Sie befürchtet aktuell einen weiteren massiven Ansturm von Migranten, nachdem eine rumänische Familie den Anspruch auf Hartz IV vor Gericht erstritten hat. "Es geht nicht darum zu sagen, wir wollen die Wanderung nicht. Davon kann keine Rede sein. Wir tun viel für die Menschen", sagte Giffey im Gespräch mit Steffen Hallaschka. "Aber wir kommen als Stadt, als Kommune damit nicht zurecht. Es gibt Kapazitätsgrenzen."
Claudius Voigt, Vertreter des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, beurteilt das Urteil ganz anders: "Wir müssen feststellen: Hier leben Menschen im Elend. Das ist ein Zustand, der ist nicht haltbar", sagt Voigt live bei stern TV. Jeder Mensch habe einen Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum - "nur mit Hartz IV ist das zu sichern." Und: "Hartz IV bedeutet auch Integration. Es ist sinnvoll, um Menschen in Arbeit zu bringen."
EU-Zuwanderer bekommen Hartz-IV-Leistungen zugesprochen
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hatte in einem am vergangenen Donnerstag verkündeten Urteil einer rumänischen Familie den Anspruch auf Hartz IV zugesprochen. Noch ist das Urteil zwar nicht rechtskräftig und kann vor dem Bundessozialgericht angefochten werden Aber es behandelt laut Gericht "eine wesentliche Grundsatzfrage, die bundesweit etwa 130.000 Personen betrifft".
Ehepaar M. hatte geklagt, weil ihr Hartz-IV-Antrag 2010 vom zuständigen Jobcenter in Gelsenkirchen abgelehnt wurde. Bei Antragsstellung war die vierköpfige Familie M. bereits länger als ein Jahr in Deutschland und hatte nicht mehr als das Kindergeld und die Einkünfte aus dem Verkauf von Obdachlosenzeitungen zum Leben - abzüglich der Miete waren das für vier Personen 118 Euro im Monat.
Nach geltendem Recht sind Ausländer, die ausschließlich zur Arbeitssuche nach Deutschland kommen von den Sozialleistungen ausgeschlossen. Doch der aktuelle Fall lag nach Ansicht der Richter des NRW-Sozialgerichts anders: Weil für die Kläger auch nach langer vergeblicher Suche keine Aussicht auf Arbeit bestand, war für die Richter der Aufenthaltsgrund "Arbeitssuche" nicht mehr gegeben. Deshalb dürfe die Familie nicht von den Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen werden. stern TV hat die Familie während des Prozesses exklusiv begleitet.
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