Macht Lotto süchtig?
Altenholz (ots)
- Lottogesellschaften begründen Boykott der Spielvermittler mit Suchtgefahr - Suchtgefährdungspotenzial von Lotterien als gering eingeschätzt - Kartellamtsentscheid stützt sich auf eigene Untersuchungen der Lottogesellschaften
Der Deutsche Lotto- und Totoblock (DLTB) wehrt sich gegen den Beschluss des Bundeskartellamts vom 28.08.2006, wonach der stationäre Vertrieb durch gewerbliche Spielvermittler in Supermärkten und Tankstellen nicht boykottiert werden darf. Hauptargument des DLTB ist, dass diese Vertriebsform die Gefahr der Spielsucht erhöhe. Fragwürdiger Höhepunkt der Diskussion ist der Entwurf einer Novelle des Lotteriestaatsvertrags, in dem ein generelles Werbeverbot für Glücksspiele im TV und Internet verankert werden soll. "Der Staat versucht mit allen noch so abstrusen Mitteln sein Monopol zu verteidigen", so Mathias Dahms, Vorstand der FLUXX AG. "Dabei schreckt er noch nicht einmal vor dem fiskalischen Selbstmord auf Kosten der Öffentlichkeit zurück." Denn nach Expertenschätzungen ist bei einem totalen Werbeverbot für Lotto mit Umsatzrückgängen von bis zu 70 Prozent zu rechnen. Dies würde Mindereinnahmen von bis zu 2,5 Mrd. Euro für die Länder und die Förderung von Sport, Kultur und karitativen Einrichtungen bedeuten.
Das Bundeskartellamt hatte sich in Vorbereitung seines Beschlusses intensiv mit den ordnungsrechtlichen Zielen der Bundesländer befasst und dabei auch aufmerksam eine von Westlotto in Münster vorgelegte Untersuchung der Universität Bremen studiert. Darin wird festgestellt, dass bei suchtgefährdeten Personen in der Mehrzahl nicht das Lottospiel sondern das Spiel an Geldautomaten zu Abhängigkeitsproblemen geführt hat. Das Suchtgefährdungspotenzial von Lotterien wird als sehr gering bewertet. Warum Lotto trotz anders lautender eigener Erkenntnisse in der Öffentlichkeit das Gegenteil behauptet, bleibt ein Rätsel.
"Im Rahmen der derzeit laufenden Diskussion mutet es seltsam an, wenn der Bund seine Gesetzgebung dahingehend lockert, dass mehr Geldspielautomaten aufgestellt werden können und die Taktzeiten dieser Automaten noch erhöht werden," so Mathias Dahms, Vorstand der FLUXX AG, deren Gesellschaften auch gewerbliche Spielvermittlung betreiben.
FLUXX hat sich intensiv mit den verfügbaren, überwiegend im Ausland erstellten Studien zum problematischen und pathologischen Spielverhalten beschäftigt. "Daraus lässt sich eine generelle Tendenz ableiten", so Dahms. "Demnach besitzen Automatenspiele ein relativ hohes Suchtpotenzial und Lotto steht in der Gefährdungsskala an unterster Stelle. Nur 0,2 bis 0,4 Prozent der Spielsüchtigen haben Lotto als ihr vorrangiges Suchtproblem angegeben."
In Deutschland spielen durchschnittlich 25 Millionen Menschen in der Samstagsauslosung der staatlichen Lotterie "6 aus 49"; jährlich ergeben sich daraus 1,1 Milliarden Spielaufträge. Offiziell bekannt sind nur eine Hand voll Fälle von Lotto-Spielsucht, wie das Bundeskartellamt ermittelt hat. "Wenn die Lottogesellschaften nach 50 Jahren öffentlicher Ziehung von Lottozahlen jetzt auf einmal die Suchtgefahr als Argument für ihre Monopolstellung einbringen, dann entbehrt das derzeit jeder wissenschaftlichen Grundlage", so Dahms.
Im September wird FLUXX daher eine umfangreiche Studie in Auftrag geben, die erstmals eine fundierte Grundlage bieten soll, um gezielt Maßnahmen gegen ein mögliches Gefährdungspotenzial zu entwickeln. "Es war nicht ganz einfach, ein Institut für diese Studie zu finden. Nach unserem Eindruck haben es einige Hochschulen und Institute wegen eines möglichen Konflikts mit dem Lottoblock abgelehnt, eine solche Studie zu erstellen", bedauert Dahms. "Wir hörten häufig, dass die Lottogesellschaften dies nicht wünschten." Nun aber habe ein renommiertes wissenschaftliches Institut angeboten, sich des Themas anzunehmen.
Mit der Studie möchte der Spielvermittler auch unterstreichen, dass er aktiv den Deutschen Lotto- und Totoblock in der Suchtprävention unterstützen wird. Die Studie sei somit auch eine Einladung zu einem konstruktiven und fairen Dialog.
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