Ostsee-Zeitung: Kommentar zu Schäubles Haushalt
Rostock (ots)
Es sind stürmische Zeiten für einen Finanzminister. Jeden Tag aufs Neue muss der Euro gerettet werden. Mit Brüssel und Berlin hat Wolfgang Schäuble fast schon zwei feste Arbeitsplätze. Sein eigentlicher Job, in Berlin die Bundeskasse zu verwalten, ist dagegen fast eine Erholung. Das bisschen Haushalt erledigt Schäuble mit links. Denn er hat eine tüchtige Haushaltshilfe: die bislangrobuste Konjunktur in Deutschland. Sie geht ihm gleich von zwei Seiten zur Hand. Zum einen lässt sie die Einnahmen klingeln, zum anderen entlastet sie auf der Ausgabenseite. Mehr Beschäftigte zahlen mehr Steuern und senken die Kosten für Arbeitslosigkeit und soziale Absicherung. Der Haushalt saniert sich quasi von selbst, solange es gelingt, die Ausgaben zu deckeln. Schon das ist in der Politik ein Erfolg. Denn gewöhnlich wächst mit den Einnahmen die Lust, neue Wohltaten unter das Volk zu bringen. Schäuble und die Bundesregierung nehmen für sich in Anspruch, diesem Reflex widerstanden zu haben. Schön wär's. Mit dem heftig umstrittenen Betreuungsgeld soll eine neue Leistung eingeführt werden, die außer der CSU keiner will, die aber mit gut einer Milliarde Euro pro Jahr zu Buche schlägt. Erst einmal. "Wachstumsfreundliche Defizitreduzierung", wie Schäuble seine Kassenpolitik etikettiert, sieht anders aus. Sie würde das Geld investieren und Subventionen kürzen. Davon ist schon lange keine Rede mehr. Den Haushalt zu sanieren, ohne ihn anzutasten, das funktionierte bislang dank der guten Wirtschaftslage und der einmalig niedrigen Zinsen, zu denen sich Deutschland als Folge des Euro-Dramas Geld leihen kann. So wird es nicht bleiben. Europa kämpft größtenteils mit der Rezession, der für unsere Export-Wirtschaft so wichtige China-Boom flaut ebenfalls ab. Schäubles schöne Planung könnte schnell Makulatur werden. Es stimmt: Nur mit Wirtschaftswachstum kommen Staatshaushalte aus den roten Zahlen. Aber auf die Konjunktur ist kein Verlass. Sie hat noch allen Finanzministern einen Strich durch die Rechnung gemacht. Hans Eichel und Peer Steinbrück geben gerne Auskunft.
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