Ostsee-Zeitung: Kommentar Merkel und Hollande in Reims
Rostock (ots)
Allein schon, dass die deutsche Protestantin Angela Merkel in der katholischen Kathedrale von Reims den französischen Atheisten und Sozialisten François Hollande trifft, hat etwas Historisches. Europas Vielfalt lässt sich kaum besser symbolisieren. Gemeinsam feierten beide Politiker gestern den 50.Jahrestag der deutsch-französischen Aussöhnung nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs.
Zu Recht betonte Merkel, dass Europa "mehr als nur eine Währung" sei. Nur was - das blieb sie schuldig. Um den Bürgern den Glauben an Europa in der schlimmsten Finanzkrise seit den 30er Jahren nicht zu nehmen, braucht es nicht allein politische, sondern auch soziale Verantwortung. Für Hollande ist eine politische Union daher ohne "solidarische Integration" undenkbar, wie er in Reims betonte. Aus Merkels Mund ist ein solcher Satz nur sehr selten zu hören. Hollande machte mit der Absenkung des Rentenalters für langjährig Beschäftigte sowie dem Versprechen mehr Lehrer einzustellen und dafür die Superreichen mit einer 75-Prozent-Steuer zu belegen, deutlich, dass er einen anderen Kurs fahren will als Vorgänger Sarkozy - und Merkel. Frankreichs Spitzenmann will offenbar eine Politik betreiben, die sich nicht allein danach ausrichtet, ob sie Gnade vor den "Märkten" findet. Kein Wunder, dass das Verhältnis zwischen der Kanzlerin und dem Präsidenten unterkühlt ist.
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