Ostsee-Zeitung: Kommentar zum Rücktritt Erwin Sellerings: Schwarzes Jahr für die SPD
Rostock (ots)
Die SPD trifft der Rücktritt von Erwin Sellering zur falschen Zeit. Nach den Niederlagen bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein muss sich Spitzenkandidat Martin Schulz sammeln, um gegen die erstarkte Angela Merkel bei der Bundestagswahl überhaupt eine Chance zu haben. Erwin Sellering war für Schulz und dessen Vorgänger eine wichtige Stütze. Der Westfale prägte das Ost-Gewissen der SPD maßgeblich mit. Keiner, nicht einmal seine potenzielle Nachfolgerin Manuela Schwesig, hat sich derart nachdrücklich für die Anerkennung der Lebensleistung der Menschen in den neuen Bundesländern und für die Angleichung der Ost-Renten stark gemacht wie Erwin Sellering. Er ist es auch, der immer wieder mahnt, trotz des Ukraine-Konfliktes und des umstrittenen Engagements von Wladimir Putin im Syrien-Krieg die Handelsziehungen zu Russland nicht abzubrechen. Mit dem Russlandtag, zu dem er regelmäßig nach Mecklenburg-Vorpommern eingeladen hat, machte er Schlagzeilen in Deutschland und in Russland. Manuela Schwesig soll das politische Erbe Sellerings antreten. Sie gilt schon länger als mögliche Nachfolgerin für den 67-Jährigen, der mit seiner Beliebtheit im vergangenen Jahr bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern der SPD den Wahlsieg beschert hat. Auch Schwesig kennt Land und Leute, ist gut vernetzt in MV, lebt mit ihrer Familie in Schwerin. Sie hat jetzt Zeit bis zur Landtagswahl in knapp fünf Jahren, in die neue Rolle hineinzuwachsen. Ein Selbstläufer ist das nicht. Auch Sellering startete holprig, galt anfangs als eher sachlich-nüchtern, bis er seine Rolle als nahbarer Landesvater gefunden hatte. Manuela Schwesig bringt gute Voraussetzungen mit: Regierungserfahrung selbst im Bund und ihr hoher Bekanntheitsgrad sprechen für sie. Ganz so gut sieht es für Martin Schulz nicht aus. Schwesigs Wechsel nach Schwerin schwächt die Bundes-SPD erheblich. Deutschlands oberster Sozialdemokrat verliert eine der profiliertesten Politikerinnen, die es schaffte, sozialdemokratische Politik als Bundesfamilienministerin umzusetzen. Ob die blasse bisherige SPD-Generalsekretärin Katarina Barley an Schwesigs Erfolg anknüpfen kann, ist fraglich. Programmatisch ist die SPD vor der Bundestagswahl noch schwach auf der Brust. Gelingt es dem Wahlkampfteam um den neuen Generalsekretär Hubertus Heil nicht, inhaltlich Akzente zu setzen, bleibt 2017 ein schwarzes Jahr für die SPD.
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