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Landeszeitung Lüneburg: "Ich werde mir nicht die Feder führen lassen" - CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann will als Ministerpräsident einen Kulturwandel bei VW als Kontrolleur begleiten

Lüneburg (ots)

Die SPD will darbenden Gemeinden mit einem Milliardenfonds unter die Arme greifen. Eine gute Investition in Infrastruktur und Integration, oder?

Bernd Althusmann: Grundsätzlich ist eine Investition in die kommunale Infrastruktur immer richtig. Den Weg dahin, die Zinsen für Kredite zu übernehmen, die die Kommunen aufnehmen müssen, halte ich aber für falsch und nicht glaubwürdig - bei so niedrigen Zinsen kann nicht von einer kraftvollen Leistung des Landes gesprochen werden. Da finde ich eine Beteiligung an der Steuerverbundquote zwischen Land und Kommunen deutlich besser, denn da käme die Unterstützung wirklich dort an, wo sie hin muss. Wir müssen in Niedersachsen dringend auch von Seiten des Landes in den Breitbandausbau investieren, das geschah in den vergangenen vier Jahren nur mit angezogener Handbremse. Hier ist die SPD viel zu spät aufgewacht, in Bayern etwa ist man in diesem Punkt schon viel weiter. Die CDU will in der kommenden Legislaturperiode eine Milliarde Euro ausschließlich für den Breitbandausbau und den Mobilfunk investieren.

In NRW sorgte das Thema "innere Sicherheit" für die Abwahl von Hannelore Kraft. Wird das Thema auch in Niedersachsen wahlentscheidend?

Althusmann: Bei der inneren Sicherheit fallen in Niedersachsen Anspruch und Wirklichkeit zu weit auseinander. Innenminister Pistorius forderte den Fußfessel-Einsatz bei Gefährdern - auf Bundesebene stimmte die SPD dem nicht zu. Es sollte mehr abgeschoben werden - im Bund stimmt die SPD neuen Asylgesetzen nicht zu. Verstöße gegen das Vermummungsverbot sollen von einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit herabgestuft werden - trotz der G20-Randale. Trauriger Höhepunkt ist die Idee, dass Chaoten im Fußballstadion doch Bengalos abbrennen dürfen sollten. Wir brauchen eine konsequente Sicherheitsstrategie gegen Einbruch, Diebstahl und Terrorismus. Wir haben in Niedersachsen Hotspots, in denen zahlreiche Salafisten unter den Augen des Verfassungsschutzes unbehelligt agieren können. Das muss beendet werden.

Haben Sie damit gerechnet, dass Rot-Grün so kurz vor Schluss noch strauchelt?

Althusmann: Eigentlich musste man jederzeit damit rechnen, denn die Gräben zwischen SPD und Grünen sind zu tief: Beim Bau der A39 sind die Grünen dagegen, die SPD dafür. Eine Verschärfung der Sicherheitsgesetze könnte sich die SPD vorstellen, die Grünen sind dagegen. Der Riss in Rot-Grün ist in diesem Jahr im Abstimmungsverhalten im Bundesrat sichtbar geworden. Letztlich ist Rot-Grün an sich selbst gescheitert, auch weil die Warnsignale - etwa beim Gespräch von Elke Twesten mit dem Ministerpräsidenten - übersehen wurden. Das war ein Managementfehler. Wir haben Frau Twesten nicht gezogen oder ihr ein Angebot gemacht.

Können Sie ausschließen, dass Elke Twesten in der CDU Karriere macht?

Althusmann: Das kann ich ausschließen. Die Kandidaten auf der Landtags- wie auf der Bundestagsliste sind alle aufgestellt. Frau Twesten ist im Elbe-Weser-Bereich beheimatet. Dort gibt es einen bekannten Europaabgeordneten mit dem Namen David McAllister. Und ich habe nicht gehört, dass er aufhören will.

Haben Sie Sorgen, dass ihre bürgerliche Klientel die Art des Regierungssturzes als nicht sauber ablehnen könnte?

Althusmann: Ich glaube, einige im bürgerlichen Lager waren überrascht, dass es so kam. Ich für mich selbst habe es bis zum letzten Tag nicht geglaubt. Sogar nach dem Gespräch mit Frau Twesten habe ich nicht geglaubt, dass es dazu kommen würde, denn es war erkennbar, dass sie zögerte, dass ihr die Entscheidung sichtlich schwer fiel. Parteiübertritte hat es in der Geschichte der Bundesrepublik immer wieder gegeben. Damit muss man souverän umgehen, statt einen Opferkult zu installieren.

Federführend agierte VW offenbar sowohl unter den MPs Wulff, McAllister und Weil. Würde ein Ministerpräsident Althusmann darauf verzichten, Entwürfe vorab nach Wolfsburg zu schicken?

Althusmann: Das kann ich für die Zukunft ausschließen. Es wird von mir keine Vorlagen von Regierungserklärungen in Konzernvorstände geben. Dass man sich bei haftungsrechtlichen Fragen oder solchen, die die Geschäftsentwicklung betreffen, noch mal rückversichert, ist normal. Aber eine Regierungserklärung ist meine Regierungserklärung und nicht die des Konzernvorstands.

Erwarten Sie nach Diesel-Skandal und Korrektur-Posse einen erneuten Angriff der EU auf das Landesprivileg?

Althusmann: Nicht zufällig haben CDU-geführte Landesregierungen darauf gepocht, dass das VW-Gesetz europarechtskonform ist. Wir haben das Unternehmen mit Zähnen und Klauen beim Porsche-Übernahmeversuch verteidigt. Insofern stehen wir zum VW-Gesetz. Die VW-Mitarbeiter wollen nur eines: Dass ihr Unternehmen endlich aus den Schlagzeilen herauskommt. Da müssen wir hin, deswegen führen wir keinen Wahlkampf auf Kosten von VW. Aber was klar sein muss, ist, dass es eine notwendige Kontrollinstanz gibt. Deswegen sitzt der Ministerpräsident im Aufsichtsrat - und nicht, um seinerseits ein Kontrollierter zu sein. Der in Wolfsburg beschworene Kulturwandel muss nun endlich Realität werden.

Das Interview führte

Joachim Zießler

Pressekontakt:

Landeszeitung Lüneburg
Werner Kolbe
Telefon: +49 (04131) 740-282
werner.kolbe@landeszeitung.de

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