Landeszeitung Lüneburg: Leitartikel zum Merkel-Besuch in Polen
Lüneburg (ots)
Hunderttausende Polen verdienen in Deutschland täglich ihr Geld. Zwischen hunderten Kommunen beider Länder gibt es zum Teil langjährige, stets aber gedeihliche Partnerschaften. Unzählige Begegnungen, aus denen Freundschaften hervorgehen, prägen den Jugendaustausch. Und in diversen Meinungsumfragen zeichnet die polnische Gesellschaft ein überwiegend gutes Bild von den Deutschen. Das klingt nach Harmonie, bestem Einvernehmen und einer freundschaftlichen Nachbarschaft. Doch bedauerlicherweise muss unterschieden werden zwischen den Polen auf der einen und ihrer Regierung auf der anderen Seite. Letztere setzt sich -- vorsichtiger als von Erika Steinbach ausgedrückt -- zusammen aus stockkonservativen Kräften und religiösen Eiferern. Sie erinnert in der Hinsicht auffällig an die, zumindest erste, Administration des US-Präsidenten George W. Bush: inklusive ihres Sendungsbewusstseins, gepaart mit einem unerklärlichen Minderwertigkeitskomplex und kollektivem Verfolgungswahn, der hinter jedem Busch das abgrundtief Böse wittert. Das Böse sind im Falle der Kaczynski-Zwillinge und deren Mitstreitern bevorzugt wir, die Deutschen. Die Kaczynski und Co. wollen Angst schüren, indem sie immer wieder das grässliche Gespenst des Nazi-Terrors hervorholen. Sie warnen vor Ansprüchen von deutschen Heimatvertriebenen und sprechen von einer ,,egoistischen Politik" Deutschlands. Und sie versuchen ihrer Bevölkerung die drohende Wiederkehr einer Achse Berlin-Moskau einzureden, führen als Beleg dafür gern die Ostsee-Pipeline an. Die Kanzlerin auf dem Titelbild eines -- Gottlob unbedeutenden -- Magazins in Hitler-Outfit zeigt, dass die Propaganda in gewissen Kreisen auf fruchtbaren Boden fällt. Dieser Besuch Angela Merkels ist gewiss nicht einfach, aber wichtiger denn je. Die Kanzlerin weiß darum. Deswegen sucht sie in der Abgeschiedenheit das intensive Gespräch mit dem polnischen Präsidenten Lech Kaczynski. Und entgegen der Gepflogenheiten Merkels ist ihr Ehemann mitgereist, um der Begegnung den Anstrich von Privat- und Vertrautheit zu geben. Eines kann die mächtigste Frau Europas allemal: sie kann für sich einnehmen und sie kann von ihrem Anliegen überzeugen. Unschuldig sind wir selbst an dem gestörten deutsch-polnischen Verhältnis nicht. Dafür müssen noch nicht einmal die Betonköpfe der Preußischen Treuhand oder die zuweilen problematischen Einlassungen Erika Steinbachs herhalten. Solange wir beim Begriff Polen fast instinktiv an billige Spargelstecher, Langfinger und Autoschieber denken, dürfen wir uns über die Bedienung entsprechender Klischees im Nachbarland nicht wundern. Die Botschaft im beginnenden 21. Jahrhundert ist doch so einfach: Wir sind froh über unsere polnischen Partner und Freunde in der Europäischen Union. Zumal der Fall des Eisernen Vorhangs und damit der Fall der Berliner Mauer auf die streikenden Werftarbeiter in Danzig Anfang der 80er-Jahre zurück geht. Sie haben ganz maßgeblich mitgewirkt an dem Geschenk des zusammenwachsenden Europa.
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